2.567.584 Unterschriften gegen Chávez

Venezuelas Präsident Hugo Chávez steht vor der nächsten großen Schlacht: Er muss sich einem von der Opposition initiierten Referendum über seine politische Zukunft stellen. Er gibt sich siegessicher gegenüber seinen Gegnern aus der Oberschicht

VON INGO MALCHER

Venezuelas Präsident Hugo Chávez muss sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einem Referendum über seinen Verbleib im Amt stellen. Wie die staatliche venezolanische Wahlbehörde (CNE) am Donnerstagabend mitteilte, hat die Opposition nach bisherigen Hochrechnungen genügend Unterschriften gesammelt, um ein Absetzungsreferendum zu erzwingen. Demnach hätten die Chávez-Gegner 2.567.584 Unterschriften für ein Referendum abgeliefert, etwas mehr als die von der Verfassung vorgeschriebenen 2,4 Millionen, was 20 Prozent der Wahlberechtigten entspricht.

„Dies ist ein Triumph der Demokratie, wir haben es geschafft, ein Referendum zu erzwingen“, sagte Enrique Mendoza, Sprecher der venezolanischen Opposition. Zugleich warnte er die Regierung davor, den Termin zu verschleppen. Laut Verfassung muss das Referendum nach der Hälfte der Amtszeit des Präsidenten abgehalten werden. Im Falle Chávez ist dies der kommende 19. August, dann wird Chávez drei Jahre im Amt als Präsident hinter sich haben. Bislang hat die Wahlbehörde jedoch noch kein Datum für das Referendum festgelegt. Ursprünglich sollte das Ergebnis der Unterschriftensammlung erst am Wochenende bekannt gegeben werden. Doch in der Hauptstadt Caracas wurde die Stimmung von Minute zu Minute aggressiver, bis die CNE schließlich entschied, das Ergebnis bereits am Donnerstag zu veröffentlichen.

Vergangenes Wochenende waren die Chávez-Gegner aufgerufen, in einer Unterschriftensammlung der staatlichen Wahlbehörde (CNE) ihre bereits abgegebenen, aber zweifelhaften Unterschriften zu bestätigen. Danach hatte Chávez seinen Anhängern signalisiert, dass es „sehr knapp“ werden würde.

In einer Fernsehansprache am Donnerstagabend bekräftigte Chávez, dass er die Verfassung respektieren werde und sich einem Referendum stellen wolle. Zwischen zahlreichen Generalsbüsten stehend, warnte er jedoch auch seine Gegner: „Feiert den Sieg nicht zu früh.“ Er habe keine Zweifel daran, dass die Mehrheit der Venezolaner hinter ihm stehe und dass im Falle eines Referendums, „die partizipative Demokratie gewinnen wird“. Ironie der Geschichte: Es war Chávez selbst, der in die Verfassung die Möglichkeit eines Referendums zur Abwahl des Präsidenten eingeführt hat.

Die abermalige Unterschriftensammlung war nötig geworden, weil die Opposition im Dezember nach eigenen Angaben zwar 3 Millionen Unterschriften für ein Referendum abgegeben, die CNE davon jedoch nur 1,9 Millionen anerkannt hatte.

Die venezolanische Opposition, die überwiegend von der Oberschicht getragen wird, wirft Chávez Unfähigkeit im Amt vor. Chávez hingegen wirft seinen Gegnern vor, sie hätten lediglich Angst, ihre Privilegien zu verlieren. Das Referendum ist nicht der erste Versuch seiner Gegner, Chávez aus dem Amt zu hebeln: Im April 2001 versuchten Teile des Militärs einen Putsch, der jedoch schnell zusammenbrach.

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