Das Produkt

Benjamin von Stuckrad-Barre hat einen Film gedreht (Mo., 0.00 Uhr, NDR), der nicht von ihm selbst handelt

Man ist ja in Sachen Benjamin von Stuckrad-Barre (BvSB) wieder sehr auf dem Laufenden. Herlinde Koelbls Dokumentation über den Starautor der so genannten Generation Pop (die dieser bei ihr selbst erbeten hatte) handelte zwar einerseits vom Drogenabhängigen BvSB selbst, von seinen Mühen, von Koks & Alkohol & Magersucht loszukommen, andererseits bediente der Film ja zugleich BvSBs mächtigste Sucht, die nach öffentlicher Präsenz und Relevanz.

Leider wurde das Porträt in den Medien nicht so recht gelobt, denn Koelbl zeigte uns ja einen ausgesprochen verletzlichen jungen Mann, der so scheu und schutzbedürftig in die Kamera gucken kann, wie es früher nur James Dean oder Horst Buchholz vermochten: Peter Pans, die bockig wurden, weil man ihnen das Erwachsenwerden abforderte statt sie weiterhin auf ihren Spielplätzen in Ruhe zu lassen. Statt Lob für die Autorin und Gesten des „Schön, dass du wieder da bist“ zum Autor musste der sich gefallen lassen, sich selbst im psychosozialen Elend nur vermarkten zu können.

Nun setzt BvSB nach – und nicht das muss gepriesen werden, sondern das Produkt selbst: In der Nacht zum Dienstag (bitte vormerken) ist die in Sachen BvSB programmatisch zu verstehende Dokumentation „Ich war hier“ (0.00 Uhr, NDR) zu sehen: eine halbstündige flotte, clubmusikuntermalte Studie über Signaturen von Menschen (und Tieren) in öffentlichen Räumen – Gästebüchern, Kirchen-Wendelaufgängen, Hauswänden oder Toiletten. Statements und Notizen über Anwesenheiten, Stationsspots an und für sich. Fazit: BvSB wird als Chronist und Spurenleser (wie -interpret) im medialen Raum weiter gebraucht.

Aber ist der Umstand, nun wieder in die Medienmühle zu ochsen, ein geeignetes Therapeutikum, um ihn von seinen Süchten loszubringen? Wird er jemanden finden, dem er nichts, vor allem in eigener Sache, beweisen will? JAF