Bildungsministerin oder Die Frau, die keinen Erfolg haben darf

Edelgard Bulmahn hat die gute Idee, ganze Unis als Elite-Marken zu fördern. Die Kultusminister wollen den Erfolg mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln madig machen

Kultusminister: Einigung möglich – nach erheblicher Klärungs- und Detailarbeit

Nein, das durfte nicht sein. Als Edelgard Bulmahn (SPD) am Montag um 13.30 Uhr den größten Triumph ihrer bisherigen Amtszeit verkündete, da währte der Erfolg nur wenige Stunden. Die Bildungsministerin des Bundes berichtete erleichtert, ihre Elite-Universitäten seien nun durch. Es herrsche, so Bulmahn, endlich Einigkeit darüber, wie Bund und Länder Elite-Unis und Spitzenforschung finanzieren würden.

Aber schon um 19.07 Uhr dementierte niemand geringeres als der wissenschaftspolitische Koordinator der unionsregierten Länder, Peter Frankenberg (CDU). Zwar habe es ein „konstruktives Gespräch“ gegeben, ließ Frankenberg mitteilen. Eine Einigung sei auch möglich. Der Konsens erfordere „aber noch erhebliche Klärungs- und Detailarbeit“, versuchte der Baden-Württemberger den Erfolg Bulmahns kleinzureden.

Das ist verwirrend. Aber so ist es immer. Wenn Frau Bulmahn etwas veröffentlicht, was den Geltungsbereich der Landeskultusminister berührt, dann erntet sie Widerspruch. Ganz unabhängig davon, ob sie nun Richtiges darstellt oder ob sie politisch ein wenig flunkert. Der Grund für die öffentliche Zurschaustellung ihrer vermeintlichen Erfolglosigkeit besteht einzig und allein darin, dass Edelgard Bulmahn keinen Erfolg haben darf. Die Kultusminister schmeißen ihr Knüppel zwischen die Beine, wo sie nur können. Wahrscheinlich weil sie eifersüchtig sind. Denn Bulmahn hat inzwischen eine lange Liste sinnvoller, ja epochaler Projekte auf den Weg gebracht – gegen den erbitterten Widerstand der Länder.

Von Bulmahn ging die Initiative für Juniorprofessuren aus, die endlich mit der überkommenen Habilitationsregelung Schluss macht. Die Ministerin treibt die Errichtung tausender Ganztagsschulen voran, die von Eltern und Lehrern immer kräftiger nachgefragt werden. Aus dem Hause der Studienrätin stammt schließlich die Idee, Bildungsstandards bundesweit einheitlich zu verabschieden und sie auch zentral durch eine unabhängige Qualitätsagentur überprüfen zu lassen. Alle diese Vorschläge gelten unter Bildungsexperten als bahnbrechend. Die Kritik an ihnen richtet sich nie auf ihren sachlichen Kern, sondern lediglich auf den kommunikativen Stil der Ministerin.

Am deutlichsten tritt das Madigmachen und Schlechtreden durch die Kultusminister aber jetzt zutage, bei den Elite-Unis. Der Plan, deutsche Spitzenhochschulen extra zu fördern, um sie international als Universitäten noch besser sichtbar zu machen, stammt von Bulmahn. Und er ist richtig. Dass in Deutschland Spitzenforschung betrieben wird, ist unzweifelhaft. Nur fehlt dem Land eine institutionelle Verkörperung dieser Extraklasse, es fehlen Hochschulen als Adressen und Marken wie sie etwa Harvard, Oxford oder die ETH Zürich darstellen.

Der Kanzler machte sich die Idee von Elite-Unis zu eigen und verkündete sie im Januar in Weimar. Seitdem wird auf Bulmahn eingeprügelt. Besonders grotesk ist die Kritik der Wissenschaftsminister der Länder. Sie sagen, Universitäten als Ganzes könnten gar elitär sein, weil es ihnen nicht gelänge, durch alle Fächer hindurch, vom Pförtner bis zum Präsidenten, Spitze zu sein. Es sei daher sinnvoller, meinen die Bulmahn-Kritiker, die exquisiten Fächer zu fördern.

Dieses Argument ist nur auf den ersten Blick plausibel. Denn was die Landeskultusminister geflissentlich verschweigen: Die Forschungsförderungen, die sie als Reaktion auf und statt der Zuschüsse für künftige Elite-Unis wollen, gibt es längst. Diese Unterschlagung durch die Kultusminister ist nahe am politischen Betrug.

Das Programm, das Bulmahn am Montag verkündet hat und das vornehmlich Unionsleute nun dementieren, ist ja nur da originell, wo Bulmahn drin steckt. Alles andere gibt es längst. Aber im Detail: Das Programm besteht aus der so genannten Clusterförderung und dem Sonderbonus für Elite-Universitäten – zusammen 1,9 Milliarden Forschungseuros zusätzlich.

Cluster wie Exzellenznetzwerke, welche die besten Forscher eines Faches quer über das Land oder über die Universitätsgrenzen hinweg mit Extramitteln bedienen, praktiziert die Deutsche Forschungsmeinschaft (DFG) bereits seit längerem. Und gibt dafür hunderte von Millionen Euro aus. Es gibt dort so genannte Sonderforschungsbereiche „Transregio“, die meist drei Spitzenfachbereiche eines Spezialgebiets aus der ganzen Bundesrepublik fördern. Und es existieren Forschungszentren, die viel Geld in außergewöhnlich gute wissenschaftliche Teilgebiete pumpen – als örtliche Kooperation universitärer und außeruniversitärer Forscher.

Was Herren wie Thomas Goppel (CSU), Peter Frankenberg (CDU) und Jürgen Zöllner (SPD) also seit Januar als ihre spezielle und tolle Idee verkaufen, ist nicht viel mehr als die Kopie bereits bestehender DFG-Konzepte. Was die Landesminister aber mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln zu verhindern suchen, die institutionelle Sonderförderung ganzer Universitäten, ist die eigentliche Innovation. Sie stammt von niemand anderem als der Bildungsministerin. Sollten aus dem Programm dereinst deutsche Elite-Universitäten erwachsen, sollten wir der Ehrlichkeit halber schon heute betonen, wem die Idee zu verdanken ist: Edelgard Bulmahn, 53, Bundesministerin für Bildung und Forschung. CHRISTIAN FÜLLER