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: „The Punisher“

Wie es sich gehört für die Verfilmung eines Marvel-Comics, ist der Titel „The Punisher“ nicht nur ein Charakter-Emblem, sondern zugleich ein Versprechen. Er stellt eine Befriedigung in Aussicht, für die empfänglich bleibt, wer schon in der Jugend ausgiebig dem Rächerfilmgenre gefrönt hat. Die Handlungsstruktur ist denkbar vorhersehbar. Bevor es zum großen Bestrafen kommen wird, muss das Unrecht passieren. Jonathan Hensleighs Film setzt allerdings noch eine Vorgeschichte vor diese Vorgeschichte: Special Agent Frank Castle (Thomas Jane) tötet bei dem, was sein letzter Einsatz als verdeckter Ermittler sein sollte, den Sohn des Ober-Mafioso Howard Saint (John Travolta). Der erweist sich ganz traditionell als liebender Vater und Ehemann; der Rachewunsch seiner Frau – „Seine ganze Familie!“ – ist ihm deshalb Befehl. Da trifft es sich gut, dass die gesamte weit verzweigte Castle-Familie gerade zu einem großen Barbecue zusammenkommt. Frank Castle überlebt als Einziger das Massaker, auch wenn es ihm verhältnismäßig schwer gemacht wird. Während Saint glaubt, seinen Gegner ausgelöscht zu haben, drückt der sich im stummen Schmerz das T-Shirt seines toten Sohnes an die Brust. So weit die Vorgeschichten; ab da weiß der Zuschauer: Das Schlimmste ist überstanden, nun wird gerächt!

Das Schöne an Hensleighs Film ist, dass er bis in die Bildkomposition hinein dem Comic Reverenzen erweist, also gerade da, wo sich das Medium Film sonst der zweidimensionalen Vorlage so überlegen glaubt. Die Öffnung eines Gewehrrohrs als großer dunkler Kreis im Vordergrund, dahinter fast lächerlich klein die Gestalt, die schießt – solche Bilder machen den Reiz der Comics aus. Auch die Figuren behalten bei Hensleigh das sprunghafte und plakative Moment, das mit „Klischee“ nicht zureichend beschrieben wäre. In der Überzeichnung nämlich schafft der Comic seine eigene Wahrheit. So sind die „Bösen“ hier mit festem Arbeits- und Freizeitverhalten in einem Maße „bürgerlich“, das sie eigenartig sympathisch, aber eben auch verletzlich macht. Der Polizist dagegen ist der Outcast, der, um zu seinem Recht zu kommen, sich außerhalb desselben stellen muss. Damit er dabei nicht zu sehr verroht, gesellt ihm das Drehbuch eine Ersatzfamilie aus Entrechteten der modernen Industriegesellschaft zur Seite: eine geprügelte Blondine ohne Bildungschancen, einen gepiercten Technofreak und einen geistig trägen Overeater. Die Essens-Einladung dieses Trios erweist sich für den abgebrühten Punisher prompt als die härteste Versuchung, weich zu werden.

Aber Gott sei Dank bleibt auch darin der Film dem Comic treu: Erzählt wird nicht entlang der Logik von Gefühlen, sondern entlang der der aufdringlichen Effekte. Wie es dem Wesen der Rache entspricht.

BARBARA SCHWEIZERHOF