Ganz schön viele denken dumpf

Das Zentrum Demokratische Kultur fragte Leute in drei Bezirken nach Diskriminierungstendenzen. Wichtigstes Fazit: Der Alltagsrassismus nimmt zu. In Mitte untersuchte die Studie auch Islamismus

VON FELIX LEE

Wirklich neu sind die Erkenntnisse nicht, aber fundiert: Gestern hat Günter Piening, Integrations- und Migrationsbeauftragter des Landes, eine Studie des Zentrums Demokratische Kultur (ZDK) vorgestellt. Wichtigstes Ergebnis: Rechtsextremismus, die Diskriminierung von Minderheiten und mangelndes Demokratievertrauen haben in Berlin keineswegs abgenommen. Im Gegenteil: Der Alltagsrassismus ist weiter auf dem Vormarsch.

Drei Bezirke hat das ZDK untersucht: Mitte, Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf. Mehr als 250 Leute mit Expertenwissen haben die Autoren befragt, also Lehrer, Sozialpädagogen, Bezirkspolitiker, Behörden und Vertreter von Initiativen, die mit Rechtsextremismus zu tun haben. Auch mit Opfern und Tätern sprachen die Autoren und fragten sie nach demokratiegefährdenden Tendenzen.

Gerade im Jugendbereich gebe es eine „gefährliche Mischung“ aus informellen und häufig gewaltbereiten Cliquen und organisierten Rechtsextremisten, so ein Fazit. Beängstigend finden die Autoren, dass Rechtsextreme immer öfter jugendliche Protestformen übernähmen, die links besetzt waren, etwa Forderungen nach „Freiräumen“ und Freizeitzentren oder Globalisierungskritik. Ziel sei, so die Studie, „vorhandene Cliquen in ihre Denk- und Organisationsdisziplin einzubinden“.

Piening betonte, dass Rechtsextremismus aber „nicht auf physische Gewalt und jugendliche Täter“ reduziert werden dürfe. Die Ethnisierung sozialer Konflikte und die Annahme, dass Deutschen Vorrechte vor Zugewanderten zustünden, seien in sehr unterschiedlichen Millieus zu finden.

Bei der Vorstellung der Studie waren auch die Bezirksbürgermeister anwesend. So zeigte sich der Bürgermeister von Treptow-Köpenick, Klaus Ulbricht (SPD), besorgt über die wachsenden rechtsextremistischen Strukturen in seinem Bezirk. „Bei einem Ausländeranteil von gerade 3 Prozent fehlt uns zwangsläufig das multikulturelle Klima“, sagte Ulbricht. Ähnlich äußerte sich auch Uwe Klett (PDS) aus Marzahn-Hellersdorf. Er rief zu mehr Engagement der Parteien und Organisationen auf. Sein Bezirk hatte 2003 die meisten rechtsextrem motivierten Übergriffe zu verzeichnen.

Sowohl Piening als auch die Bürgermeister kündigten an, dass sie einen neuen Aktionsplan erstellen wollen – trotz der Erklärung des Senats, im nächsten Jahr eine Viertelmillion Euro weniger für die Bekämpfung von demokratiegefährdenden Tendenzen ausgeben zu wollen. Neben rassistischen beschäftigte sich die Studie zudem mit islamistischen Tendenzen in Mitte (siehe Bericht rechts).