Rot-Grün macht Gentech-Poker ein Ende

Die Regierung designt das Gentechnikgesetz so, dass die Union nicht mehr mitreden kann. Deshalb werden Bauern, die High-Tech-Pflanzen anbauen, künftig auch für die Schäden haften. Zudem wird jeder Genstandort in einem Bundesregister gelistet

AUS BERLIN WOLFGANG LÖHR

Die rot-grüne Koalitionsfraktion hat gestern im Verbraucherausschuss die umstrittenen Regelungen für den Anbau von Gentechpflanzen auf den Weg gebracht. Um die Blockadehaltung der CDU/CSU-geführten Bundesländer im Bundesrat zu umgehen, verabschiedete die rot-grüne Mehrheit einen überarbeiteten Gesetzesentwurf, der nur noch die Abschnitte enthält, die keine Zustimmung des Bundesrats benötigen. Sowohl die Haftung bei Gentechverunreinigungen von Nachbarfeldern als auch das öffentliche Anbauregister können damit wie geplant am Freitag im Bundestag in Gesetzesform gegossen werden.

„Bei der Haftung haben wir jetzt klar gestellt, dass ein Gentechbauer immer dann zu Schadenersatz verpflichtet ist, wenn ein Nachbar aufgrund von Gentechverunreinigungen Umsatzeinbußen hat“, sagte Ulrike Höfken von Bündnis 90/Die Grünen. Die Haftung greife auch dann, so Höfken, wenn die Verunreinigung „unter der Kennzeichnungsschwelle von 0,9 Prozent“ liege. Diese weitergehende Haftung sei notwendig, da es heute schon eine ganze Reihe von Lebensmittelunternehmen gebe, die von ihren Zulieferern verlangten, weit unterhalb dieses Schwellenwerts zu bleiben, erklärte dazu die Ausschussvorsitzende Hertha Däubler-Gmelin (SPD). Dazu gehöre zum Beispiel der Lebensmittelkonzern Unilever.

Ein großer Streitpunkt beim neuen Gentechgesetz war auch das von der EU vorgeschriebene Anbauregister. Die Mehrheit im Bundesrat lehnte dieses Register unter anderem aus Kostengründen ab. „Wir haben jetzt ein Bundesregister festgeschrieben“, sagte Ulrike Höfken, „den Bundesländern bleibt es jedoch freigestellt, selbst eine entsprechende Liste zu führen.“ Der Vorteil: Da die Bundesländer nicht am Bundesregister beteiligt sind, ist auch keine Zustimmung des Bundesrats notwendig.

Für das Standortregister sind zwei Informationsebenen vorgesehen. „Die erste Stufe enthält alle Flurgrundstücke, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen ausgebracht werden, und den Namen der Gensorte“, erläuterte Däubler-Gmelin. Diese Angaben sind jedem zugänglich. Name und Anschrift des Gentechbauern werden nur in der zweiten Stufe angegeben und nur dann weitergegeben, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Das können Nachbarn sein oder auch Imker, die ihre Bienenvölker in der Umgebung aufstellen wollen. Von der Biotechindustrie ist vor allem das öffentlich zugängliche Register abgelehnt worden. Sie befürchten Protestaktionen vor Ort.

Für die grüne Argarpolitikerin Höfken ist der jetzt vorliegende Entwurf ein „großer Erfolg“. Ganz anders waren die Reaktionen bei der Opposition. Empört und unter Protest hatten die CDU/CSU- und FDP-Vertreter die Ausschusssitzung gestern verlassen. Sie verlangten mehr Beratungszeit für die neuen Gentechregelungen. In gemeinsamen Erklärungen warf die Opposition Rot-Grün vor, dass sie die Rechte des Bundesrats missachte und in einer „unglaublichen Nacht-und-Nebel-Aktion“ das Gesetz durch „das Parlament peitschen“ wolle.