Kritiker unerwünscht

Pressekonferenz der aus dem Deutschen Journalisten Verband (DJV) ausgeschlossenen Landesverbände erteilt Journalisten Saalverbot

AUS BERLIN FLORIAN HÖHNE
UND STEFFEN GRIMBERG

Große Aufregung bei den umstrittenen Vorständen der aus dem Deutschen Journalisten Verband (DJV) ausgeschlossenen Landesverbände von Berlin und Brandenburg: „Rechtsbruch und Satzungsverstoß“ warf der Berliner Sektionschef Alexander Kulpok dem DJV-Bundesvorstand vor. Damit geht der Streit um Wahlmanipulation und rechte Unterwanderung in den beiden Landesverbänden der Journalistengewerkschaft in die nächste Runde. Dies sei die „schlimmste Situation, die der DJV in seiner Geschichte erlebt hat“, so Kulpok: Hier würden „nicht nachgeprüfte Behauptungen“ weiterverbreitet. Doch mit dem Nachprüfen ist das so eine Sache: Kritische Frager hatten bei der gestrigen Pressekonferenz keinen Zutritt. Thomas Franke, stellvertretender Sprecher des Fachausschusses Europa und Kulpok-Kritiker, wurde von der stellvertretenden Landesvorsitzenden Nicole Borkenhagen persönlich am Betreten des Raumes gehindert. Überfüllt, hieß es. – Stickig war die Luft in der Tat. Überfüllt war es nicht.

Streitfall Witt

Anlass für kritische Fragen gab es reichlich – vor allem zur Rolle des stellvertretenden brandenburgischen DJV-Chefs Torsten Witt. Witts Lebensgeschichte spricht für eine Nähe zum rechten Milieu: Er war Mitglied im nationalkonservativen „Bund freier Bürger“, freier Mitarbeiter der Rechtspostille Junge Freiheit, und er ist Mitinitiator der Initiative „Holcaust-Mahnmahl? – Mit mir nicht!“. Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken hatte Witt darauf Anfang Juni aufgefordert, sein Amt niederzulegen: „Für Rechtsextrenme“, so Konken in einer Pressemitteilung, sei im DJV kein Platz. Gegen diese Äußerung erwirkte Witt allerdings eine einstweilige Verfügung. Beim Ausschluss am vergangenen Dienstag spielten deshalb diese Vorwarf auch keine explizite Rolle.

Dafür aber der Wahltourismus von rund 40 DJV-Neumitgliedern aus dem von Witt gegründeten Berliner Verband Junger Journalisten. Dies waren im April in den Brandenburger Verband eingetreten, hatten dort Witts Wahl an die Vorstandsspitze durchgesetzt – und waren pünktlich zu den Berliner Vorstandswahlen Anfang Juni zum Hauptstadt-DJV übergewechselt. Denn dort muss der skandalumwitterte Alexander Kulpok um seine Wiederwahl als Vorsitzender fürchten. Der taz gegenüber bestätigte der Brandenburger DJV-Chef Bernd Martin, Kulpok habe Mitglieder gezielt aus Brandenburg abgeworben. Kulpok selbst erklärte „mindestens 20 Leute“ in Brandenburg angesprochen zu haben.

Auf der gestrigen Pressekonferenz wollten sich dann weder Kulpok noch Martin an Wahlmanipulationen erinnern: Bei den Vorwürfen handle es sich um nicht nachgewiesene Behauptungen, sagte Kulpok: „Dennoch haben wir selbst eine rechtliche Untersuchung in die Wege geleitet.“ Davon hätte man aber am Montag auf der Bundesvorstandssitzung in Schwerin nichts wissen sollen. „Ich hatte den Koffer mit den Wahlunterlagen dabei“, erzählte Martin, „Den wollte keiner sehen.“

Den DJV-Bundesvorsitzenden Konken hatten derlei Bemühungen um Aufklärung nicht überzeugt: „Wir haben die Landesverbände immer wieder aufgefordet, die Wahlunterlagen vorzulegen“, so Konken. Diese hätten das aber immer wieder verschoben. „Ich bezweifle das wir am Ende die Orginalunterlagen bekommen hätten und noch etwas nachzuweisen gewesen wäre.“

Außerdem habe wegen des Imageverlustes des DJV ein Entscheidung gedrängt. „Die Situation in Berlin und Brandenburg sprach eine klare Sprache: die Verbände waren gespalten – doch die Vorstände wollten das noch nicht einmal sehen.“ Deshalb sei nur der Ausschuss geblieben, so Konken zur taz.

Neuanfang gefordert

Dass derart heftige Konflikte teilweise seit Jahren schwelten, wirft denn auch ein bezeichnendes Licht auf die organisierten JournalistInnen in der Hauptstadtregion. Weit über 3.000 Mitglieder hat der DJV in Berlin, doch selbst bei dem entscheidenden Termin im Juni fanden nur rund 10 Prozent den Weg zur Wahl. Verbandsinterne Kritiker fordern jetzt einen echten Neuanfang: „Einfach zu sagen, wir machen mit dem Laden minus Kulpok weiter, kann nicht die Lösung sein“, sagt Thomas Franke. Der DJV-Bundesvorstand hat angekündigt, am 03. Juli zwei neue Landesverbände gründen zu wollen. Dagegen haben die Vorstände der „Altverbände“ von Berlin und Brandenburg mittlerweile geklagt.

Ob der Ausschluss rechtlich möglich ist, bleibt tatsächlich fraglich. Nach der Satzung des DJV kann nur der Bundesverbandstag Landesverbände ausschließen. Dieser hat aber nicht getagt. DJV-Sprecher Hendrik Zörner, hält den Eilentschluss aber für machbar: Die Vorstände aller 14 anderen Landesverbände hätten der Entscheidung der DJV-Bundesspitze zugestimmt.