a última verdade
: Die Weltregie

DAS WORT AUS DEUTSCHLAND: Einfach den Ton abzudrehen ist immer noch das probateste Mittel gegen Expertengeschwafel

Für Fragen, Anregungen und Kritik zu ihrer EM-Berichterstattung haben ARD und ZDF wieder ein Service-Telefon eingerichtet. „Bringt nichts, da anzurufen!“ Sag das nicht. Bei der 94er WM in den USA war’s, als ich einmal eindrucksvoll bedient wurde.

Schon damals war das magerquarkene Expertentum verbreitete Praxis im Fußball-TV. Anders als heute in diesen modernistischen Schwafel-Separees erledigten die damaligen Labertaschen ihren vorgeblichen Expertenpart direkt vom Reporterpult im Stadion aus. Angetan mit je einem stoppschildgroßen Kopfhörer sah man da vor jedem Spiel eines der öffentlich-rechtlich bestallten Co-Kommentatoren-Duos hocken und musste ewig deren Anblick und Senf ertragen. Beim Achtelfinale reichte es mir. Spontan griff ich zum Zuschauer-Telefon der ARD und kam wider Erwarten sofort durch.Warum, so geiferte ich also los, sind bis kurz vor den Hymnen immerzu bloß diese beiden Nichtigkeiten absondernden Kopfhörer zu sehen und nicht, bitte schön, auch mal ein paar hübsche Stadionimpressionen. Die ruhige Männerstimme am anderen Leitungsende nahm mir sofort jeden Brast aus den Segeln. Freundlich versprach sie mir, dass man meine „Anregung“ weiterleiten werde.

So weit, so pups, dachte ich. Da passiert sowieso nichts. Kaum aber hatte ich mich wieder dem Bildschirm zugewandt – ich glaube, es waren Rubenbauer und Rummenigge, die damals Schwafeldienst hatten – als beide plötzlich abrupt schwiegen. Ich sah sie für einen ungewöhnlich langen, stillen Moment in ihre Kopfhörer hineinlauschen. Dann endlich ergriff Rubi das Wort und sprach, wobei er mich aus der Glotze heraus direkt zu fixieren schien, in etwa so: Da habe gerade ein Zuschauer aus Deutschland angefragt pipapo. Dazu sei festzustellen, dass sie ja gerne die gewünschten Impressionen zeigten. Allein, die Weltregie biete diesbezüglich nichts an. Sobald dies der Fall sei, werde man die Bilder einspeisen.

Da war ich aber platt. Nicht nur wegen dieser ominösen, mir bis dahin völlig unbekannten Organisation namens Weltregie. Mehr noch beeindruckte mich die direkte Ansprache durch den Kommentator. Die mir übrigens bei der laufenden EM nicht mehr zu Ohren käme. Ich gucke nämlich nur noch ohne Ton. Immer noch die effektivste Art, dem Expertengeraune und Kommentatorengeschnarre der Herren Delling, Netzer, Kerner, Beckmann, Rethy etc. zu entgehen. Aber wenn Sie mal live im Ersten oder Zweiten angesprochen werden wollen, rufen Sie dort an. Die Service-Nummern werden regelmäßig (von der Weltregie?) eingeblendet. FRITZ TIETZ