Billiger Sex mit teuren Spätfolgen

Seit über 20 Jahren wirbt ein Sexshop mit einem längst stadtbekannten Plakat. Nun verlangt der Fotograf vor Gericht eine satte Nachzahlung für das angebliche Kultmotiv

Dass aufreizend fotografierte Frauen zur Erregung führen können, ist hinlänglich bekannt. Zum Streit kann es kommen, wenn ein solches Foto massenweise die Litfaßsäulen schmückt und Kultstatus erlangt. Das stadtbekannt Foto der Blondine mit dem Sternchenbusen des Sexshops „Big Sexyland“ ist auf dem besten Wege dazu – obwohl es inzwischen über 20 Jahre alt ist. Für den Fotografen Christian Schönauer ein Grund, über die Höhe seines damaligen Honorars gerichtlich nachzuverhandeln.

Der Fotograf hat seine größten Erfolge zur Verhandlung am Landgericht mitgenommen. Richtig aktuell sind sie nicht mehr. Einer seiner Lieblingsschnappschüsse zeigt Günther Rexrodt und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Cockpit eines Flugzeugs. „Kein einfaches Foto“, sagt Schönauer stolz, „so viele Fotografen passen da nämlich nicht hinein.“ Das leuchtet angesichts der massiven Statur des Fotografen sofort ein.

Doch die goldenen Zeiten sind vorbei. Auf einer Postkarte, die als Visitenkarte fungiert, steht noch die Telefonnummer von vor zwei Jahren. Seit einer Hüftoperation kann der Fotograf keine Aufträge mehr annehmen, wo man „auf dem Boden herumkriechen muss“. Da kam seinem Anwalt Paul W. Hertin die rettende Idee. Er erzählte von der Möglichkeit, sein das ursprüngliche Fotohonorar von 2.500 Mark nachträglich etwas aufzubessern – auf mindestens 20.000 Euro. Tatsächlich kann bei Kunstwerken nachgebessert werden. Ein Fall, der bisher nur sehr selten und wenn dann im schriftstellerischen Bereich aufgetreten ist. Er wird daher als „Bestsellerparagraph“ gehandelt.

Für Klaus Gärtner, Geschäftsführer des Sexshops, ist das Ganze schon in der Sache falsch. „Das Gewerbe ist so, dass man sich gerade so über Wasser halten kann.“ Die wirtschaftliche Not zwinge förmlich dazu, alte Fotos zu verwenden. „Kult“ sei das Plakat keinesfalls und Werbung immer ein Minusgeschäft. Ein Vergleich lehnt er daher ab.

Das ist Richterin Christel Hengst dann doch des Guten zu viel: „Kein Geschäftsmann macht etwas umsonst.“ Dann widmet sie sich kühl der Bildanalyse: „Diese rosa Handschuhe, dieser Schmuck – so würde sich eine Frau heute einfach nicht mehr fotografieren lassen.“

Big Sexyland wird nun wohl die Belege der letzten zehn Jahre auftreiben und Auskunft darüber geben müssen, wie oft und bei welcher Gelegenheit das Foto verwendet worden ist. Damit der tatsächliche Schaden ermittelt werden kann. VERONIKA NICKEL