Die Polizei lauscht immer mehr mit

Exakt 24.441 Telefonanschlüsse wurden im vergangenen Jahr abgehört. Der Bundesdatenschutzbeauftragte fordert, die Strafprozessordnung zu ändern

BONN taz ■ Die Polizei hat noch nie zuvor so viele Telefongespräche belauscht wie im vergangenen Jahr. Insgesamt 24.441 Anschlüsse wurden abgehört, teilte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz gestern mit. Das seien 12 Prozent mehr „Überwachungsmaßnahmen“ als 2002 und sogar viermal so viele wie noch 1995. Dieser Tend sei Anlass zur Sorge, so Schaar. Er fordert daher, die Strafprozessordnung entsprechend zu ändern.

Nach Paragraf 100 könnten bisher Kriegsdienstgegner, die Soldaten zum Ungehorsam auffordern, ebenso abgehört werden, wie Flüchtlinge, die gegen das Asylverfahren verstoßen haben, sagte Schaar. „Die Liste der Straftaten, die zur Überwachung berechtigen, muss entrümpelt werden. Mittlerweile ist beinahe nur noch Ladendiebstahl davon ausgeschlossen“, sagte der Referatsleiter für Telekommunikation beim Datenschutzbeauftragten Peter Büttgen der taz. Auf der anderen Seite müssten Straftaten wie Kinderpornografie in die Liste aufgenommen werden.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte forderte zudem, dass künftig nur noch Ermittlungsrichter mit spezieller juristischer Sachkunde für Telefonüberwachungen zuständig sein sollen. Eine Studie der Uni Bielefeld hatte ergeben, dass die Richter meistens die Überwachungsanträge der Staatsanwälte kritiklos übernehmen.

Schaar setzt sich außerdem dafür ein, dass die Betroffenen nach den Ermittlungen über das Mithören informiert werden. „Das bekommt sonst keiner mit“, sagte Büttgen, „es gibt ja kein Knacken mehr in der Leitung.“ Seiner Meinung nach sollte auch die Abhörstatistik reformiert werden. Es müsste künftig Zahlen geben, um wie viele Straftaten es beim Abhören ging, und wann es tatsächlich zielführend war. SAT