Afghanistan muss auf die Nato warten

Der Nato-Gipfel beschließt nur eine magere Aufstockung der Afghanistan-Truppe zur Absicherung der Wahlen. Russland wird aufgefordert, seine Truppen aus Georgien und Moldawien abzuziehen. Die Ukraine soll faire Wahlen durchführen

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Die Nato hat zum gestrigen Abschluss ihres Istanbuler Gipfeltreffens die am Vortag verkündete Aufstockung ihrer Truppen in Afghanistan deutlich relativiert. Auf die dringende Aufforderung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, die Truppenverstärkung bereits jetzt vorzunehmen, um den Prozess der Wählerregistrierung abzusichern, gingen die Staats- und Regierungschefs der Nato nicht ein.

Am Montag hatte der Gipfel eine Aufstockung der Nato-geführten „Internationalen Schutztruppe in Afghanistan“ (Isaf) um 3.500 Soldaten von derzeit 6.500 auf 10.000 angekündigt. Im weiteren Verlauf des Gipfels sprachen Vertreter des Brüsseler Nato-Hauptquartiers gegenüber Journalisten nur noch von 2.800 zusätzlichen Soldaten. Davon sollen zudem 1.300 lediglich außerhalb Afghanistans in Bereitschaft gehalten werden sollen. Nur 1.500 Soldaten sollen tatsächlich in Afghanistan stationiert werden – und das auch nur für acht Wochen. Bundeskanzler Gerhard Schröder kündigte an, Deutschland werde sein militärisches Engagement nicht mehr wesentlich erhöhen. Deutschland stelle bereits jetzt 2.000 der 6.500 Soldaten.

„Bitte erfüllen Sie Ihre Verpflichtungen schon vor den Wahlen, wir brauchen die Sicherheit heute und nicht morgen“, erklärte der afghanische Präsident Karsai gestern Morgen bei einem Auftritt vor den 26 Staats-und Regierungschefs. Zur Begründung für seine Bitte verwies Karsai auf die Anschläge, die den Prozess der Wählerregistrierung zunehmend beeinträchtigen. Nach Angaben des Präsidenten haben sich bislang 5,2 Millionen AfghanInnen für die Wahlen im September in die Wahlregister eintragen lassen.

Beim Treffen des „Nato-Russland-Rates“ – seit Ende der 90er-Jahre ein fester Bestandteil des Nato-Gipfels – forderte die Allianz die Regierung von Wladimir Putin zum Abzug der russischen Truppen aus Georgien und Moldawien auf. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erklärte, die Schließung der Militärbasen in den beiden ehemaligen sowjetischen Republiken sei ein „Schlüsselelement der Verpflichtungen“, die Moskau bereits 1999 auf dem Istanbuler Gipfeltreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unterschrieben habe. Auf dem OSZE-Gipfel hatte Russland den Abzug seiner Truppen aus Georgien und Moldawien bis zum Jahr 2002 zugesagt, den Abzugsprozess im Jahre 2001 aber „ausgesetzt“. Zur Begründung verweisen russische Diplomaten auf die „gewachsene terroristische Bedrohung“ in der Region des südlichen Kaukasus, auf die „verstärkten Aktivitäten der USA“ in der an das rohstoffreiche Gebiet um das Kaspische Meer angrenzenden Region sowie das Bestreben der georgischen Regierung nach einem Nato-Beitritt.

Den ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma forderten die Staats- und Regierungschefs der Nato bei einem Treffen zur Gewährleistung der Pressefreiheit und von fairen Wahlen auf. Zugleich unterstrichen sie das Interesse an einer „robusten, effektiven und intensiven Partnerschaft mit der Ukraine“.