Triebtäter auf der Kanzel

In Schweden wetterte ein Pfarrer gegen das Unwesen der Homosexualität – und wandert dafür nun in den Knast

Zu einer Haftstrafe von einem Monat verurteilte das Amtsgericht im schwedischen Kalmar den Pfarrer einer Gemeinde der Pfingstkirche am Dienstag. Im Juli letzten Jahres hatte der 63-jährige Åke Green vor rund 50 Personen eine Predigt zum Thema „Ist Homosexualität ein Trieb oder ein Spiel böser Mächte mit den Menschen“ gehalten. Dabei behauptete er u. a. dass Aids auf Grund der menschlichen Homosexualität entstanden sei, dass Schwule häufiger Sex mit Tieren hätten und mehr zu Pädophilie neigten als Heterosexuelle. Nachdem eine Lokalzeitung den Text dieser Predigt referiert hatte, wurde eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen ihn gestellt. Der Meinung der Staatsanwaltschaft, der Pfarrer habe Missachtung über Homosexuelle im Allgemeinen zum Ausdruck gebracht und damit alle Schwulen gekränkt, schloss sich nun auch das Gericht an.

Das Recht von Schwulen, keinen Kränkungen und Verleumdungen ausgesetzt zu werden, habe einen höheren Rang als das Recht des Pfarrers, diese Anschuldigungen im Namen seiner Religion auszusprechen. Einen spezifischen und erweiterten Freiraum für Meinungsäußerungen von der Kanzel herab gebe es nicht. Auch wenn es der Pfingstkirche mit ihrer orthodoxen christlichen Sexualanschauung unbenommen sei, Homosexualität abzulehnen, gehe es nicht an, eine ganze Gruppe von Menschen durch nicht belegbare Behauptungen zu beleidigen und zu diskriminieren. Während sich Sören Andersson, Vorsitzender des „Reichsverbands für sexuelle Gleichberechtigung“ (RFSL) befriedigt zeigte, „dass Religionsfreiheit niemals Hetze gegen Menschen rechtfertigen“ könne, erwartet der christdemokratische Europaparlamentarier Lennart Sacrédeus als Folge des Urteils „Selbstzensur auf der Kanzel“. Die schwedische Pfingstbewegung bezeichnete die Wortwahl ihres Mitglieds als „ungeeignet“ und „nicht von uns sanktioniert“.

Der Anwalt des Pfarrers kündigte an, notfalls bis zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gehen und den Umfang der Religionsfreiheit prüfen lassen zu wollen, ebenso wie die Frage, ob nicht Predigten unter einem qualifizierten Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit stünden. REINHARD WOLFF