Kindische Regeln

Eltern zahlen keinen Aufschlag für die Pflege – wenn die Kinder auf dem Steuer- oder Rentenbescheid stehen

BERLIN taz ■ Wer kinderlos ist und wer nicht, das soll über Lohnsteuerkarten, Rentenbescheide, und vermutlich über die Kindergeldbescheide geklärt werden. Dies erklärte das Sozialministerium gegenüber der taz zur Frage, wie die zum 1. Januar 2005 geplante Beitragserhöhung für Kinderlose bei der Pflegeversicherung umgesetzt werden soll. „Wir werden die gesetzliche Regelung schaffen. Das Kleingedruckte könnte von den Spitzenverbänden der Pflegekassen kommen“, sagte Ministeriumssprecher Klaus Vater.

Damit käme den Spitzenverbänden der Pflegekassen die Aufgabe zu, für die Regelung bei Einzelfällen – Adoption oder Todesfall – eine Empfehlung an die Pflegekassen vor Ort auszusprechen. Beim Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) ist davon noch nichts bekannt. Ein Verbandssprecher erklärte: „An uns ist bisher noch niemand herangetreten.“ Der VdAK gehört zur Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Pflegekassen und ist bei der Pflegeversicherung „federführend“.

Demnach müssen Eltern offenbar selbst nachweisen, dass sie keinen erhöhten Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen müssen. Grundsätzlich könne der Nachweis nur über ein Dokument geführt werden, sagte Ministeriumssprecher Vater. Er nannte Lohnsteuerkarten, Rentenbescheide und Kindergeldbescheide als Möglichkeiten.

Zu Wochenbeginn war bekannt geworden, dass sich die rot-grüne Koalition darauf geeinigt hat, dass Kinderlose über 23 ab dem kommenden Jahr einen um 0,25 Prozent erhöhten Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen müssen. Damit wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2001 umgesetzt, das verlangt, Eltern relativ zu entlasten. Die Entscheidung, die Spitzenverbände der Pflegekassen bei der Regelung in Einzelfällen einzubeziehen, sei grundsätzlich richtig, sagen die Betroffenen. Beim VdAK sagt man: „Wir sind dafür die richtigen Ansprechpartner.“

Kritik an den Regierungsplänen übt dagegen CDU-Sozialexperte Andreas Storm: „Die Erhöhung ist ein Missbrauch des Verfassungsgerichtsurteils.“ Er fordert eine Entlastung der Familien als Umsetzung des Karlsruher Urteils. „Die angepeilte Lösung ist Flickschusterei“, sagte der Unionspolitiker.

PATRICK GRIESSER