Hoppeln durch den Graefekiez

An ein Tempolimit hatte sich in der verkehrsberuhigten Zone zwischen Kanal und Urbanstraße kaum jemand gehalten. Eine Bürgerinitiative installiert jetzt Straßenschwellen auf eigene Kosten

VON ALENA SCHRÖDER

Im schmucken Graefekiez, jener Stadtoase zwischen Hasenheide und Landwehrkanal, herrscht verkehrsberuhigte Gelassenheit. Auf der Dieffenbachstraße, wo Anwohner ihren Hundekot noch aufsammeln und das Erdreich um die Straßenbäume mit Blumen und Rhabarber bepflanzen, bewegen sich Autos nur im Schritttempo. Das war nicht immer so: Obwohl die Straßen zwischen Kanalufer, Kottbusser Damm und Urbanstraße schon seit den 80er-Jahren als verkehrberuhigte Zone gelten, hielt sich bislang kaum jemand an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 7 Stundenkilometern. Eine Bürgerinitiative hat deshalb auf eigene Kosten mehrere Fahrbahnschwellen anbringen lassen und lehrt Raser und Freunde tiefergelegter Sportwagen das Grauen.

„Der Kiez gehört zu den kinderreichsten Gegenden Berlins. Aber wir wollten nicht ständig mit erhobenem Zeigefinger an der Straße stehen, bis er abfault“, sagt Alois Smitka, Kneipier und Mitinitiator des Projektes. Viele Autofahrer würden die verkehrsberuhigte Zone als Abkürzung benutzen, Geschwindigkeitsmessungen im vergangenen Jahr hätten auf der Dieffenbachstraße Spitzenwerte von 50 Stundenkilometern ergeben. Das zuständige Tiefbauamt konnte kein Geld für weitere verkehrsberuhigende Maßnahmen zur Verfügung stellen und überließ die Finanzierung den Anwohnern.

Ein Spendenaufruf brachte 2.000 Euro, weitere 750 Euro spendierte eine Stiftung, die Kiezprojekte unterstützt. „Die Planung hat Monate gedauert, das Tiefbauamt hat das Verfahren lange verzögert – nach dem Motto: Verwalten heißt verhindern“, sagt Alois Smitka. Der Kreuzberger Stadtrat für Stadtentwicklung, Franz Schulz, sagte schließlich doch seine Unterstützung zu. Und so konnten am Dienstag die ersten drei Schwellen zum Stückpreis von 220 Euro in der Dieffenbachstraße eingesetzt werden, neun weitere folgen in den nächsten Tagen.

Doch das Projekt findet nicht nur Zustimmung: Die Verkehrsbehörde, eigentlich für die Durchsetzung von Tempolimits zuständig, lehnt die Verkehrsschwellen ab. „Der Graefekiez ist für Rettungswagen der schnellste Anfahrtsweg zum Urbankrankenhaus und das gab es nun mal schon vor der Einführung von verkehrsberuhigten Zonen“, sagt der zuständige Sachbearbeiter Alfons Kunerle. „Eine schnelle Anfahrt ist jetzt nicht mehr möglich, außerdem schadet das ständige Ruckeln den Verletzten“.

Die Anwohner sind zufrieden mit der neuen Hoppelpiste. „Nur ein Fahradfahrer hat sich bislang beschwert“, sagt Smitka. Der war nachts über eine der Schwellen gestürzt. Um das in Zukunft zu vermeiden, wurden die noch einzubauenden Schwellen in leuchtendem Gelb geordert.