Copy kills Bush

Michael Moore freut sich, dass sein Film aus dem Netz geladen wird – seine Verleiher stürzt das in ein Dilemma

Die goldene Palme von Cannes ging in diesem Jahr an Michael Moore für seinen Dokumentarfilm „Fahrenheit 9/11“. Als ihm Quentin Tarantino, der Präsident der Jury, den Preis überreichte, konnte man im Fernsehen Tränen in seinen Augen erkennen. Es waren Tränen der Freude. So weit ist es gekommen in der Filmwirtschaft, dass einer wie Tarantino weint vor Rührung, weil einer wie Moore mal für seine Leistung einfach nur gelobt wird. Zwar kann der selber austeilen, wenn ihn das amerikanische Regierungslager beschimpft wie zu Zeiten McCarthys. Aber in Cannes war das nicht mehr nötig, er stand als Regisseur auf der Festivalbühne.

Die Gesichter der Medienbosse im Saal waren leider nicht zu sehen. Vielleicht ist ihnen sogar ein Lächeln gelungen. Es sah bestimmt nicht gut aus, denn sie haben ein Problem. Kein Mensch kann bestreiten, dass die wichtigsten – und auch finanziell erfolgreichsten – Filme der letzten Jahre von Tarantino und Moore stammen. Aber wenn es um das heiligste Heiligtum der Medienkonzerne geht, spielen die beiden nicht mit. Tarantino holt sich die Videos, die er zu seiner Inspiration braucht, kostenlos aus dem Internet und fühlt sich kein bisschen kriminell dabei. Das hat er in Cannes gesagt, und letzte Woche hat Michael Moore der Zeitung Sunday Herold verraten, er sei richtig „glücklich“ darüber, dass „Fahrenheit 9/11“ in Internet-Tauschnetzen verbreitet wird. Verfügbar ist das Werk unter anderem in einem Tauschnetz, das von der Website www.supernova.org aus erreichbar ist. Seine spezielle Technik („Bit Torrent“) sorgt dafür, dass die Übertragungszeiten umso kürzer werden, je weiter verbreitet die nachgefragte Datei ist.

Moores Verleihfirma „Lionas Gate“ sah sich bisher nicht in der Lage, dazu einen Kommentar abzugeben. Die Disney-Tochter „Buena Vista“ möchte den Film auf DVD verbreiten. Noch wird darüber verhandelt, und es ist wirklich schade, dass man die Gesichter der Bosse wieder nicht sehen kann. Der Film wird in jedem Fall auf DVD gebrannt. Aber was soll Disney gegen die Leute tun, die das zu Hause mit ihrem eigenen Brenner besorgen? Sollen sie ihnen ihre Anwälte auf den Hals hetzen? Damit gäben sie zu, dass ihr heiliges Urheberrecht nicht den Autor schützt, sondern auschließlich ihren Profit: Genau das ist der Stoff, aus dem Michael Moore seine Filme macht. Und dann müssen sie wieder im Saal sitzen, wenn der nächste Preis an Moore verliehen wird, müssen wieder klatschen und wieder lächeln, wenn die Kamera läuft. Zum Heulen …

NIKLAUS HABLÜTZEL