Deutschland rüstet 120 Atom-U-Boote ab

Mit Geld aus Berlin wird für die alten russischen Stahlgiganten ein Zwischenlager auf der Kola-Halbinsel gebaut

STOCKHOLM taz ■ Am Wochenende wurde in der Saida-Bucht nahe der nordwestrussischen Stadt Murmansk der Grundstein für ein spezielles Atommüllzwischenlager gelegt. Hier sollen bis zu 120 Reaktoren verschrotteter Atom-U-Boote der russischen Flotte bis zu siebzig Jahre lang gelagert werden. Finanziert wird das Ganze von Deutschland, das sich bereit erklärt hat, bis zu 300 Millionen Euro für den Bau des Zwischenlagers zur Verfügung zu stellen.

Dieser Beitrag ist Teil des internationalen MNEPR-Vertrags („Multilateral Nuclear Environmental Programme in the Russian Federation“), mit dessen Hilfe die radioaktiven Gefahren auf der Kola-Halbinsel und im Barentsmeer saniert werden sollen. Dort lagern auf dem Land und im Meer nicht nur große Mengen abgebrannter Brennstäbe aus Atomreaktoren, sondern auch mehr als 100 ausrangierte Atom-U-Boote, atomare Eisbrecher und schwimmende Atommülllager. Westliche Staaten haben Russland mittlerweile rund 16 Milliarden Euro zugesagt – um die atomaren, biologischen und chemischen Hinterlassenschaften der Sowjetarmee zu entschärfen.

Die Notwendigkeit derartiger Sanierungsarbeiten ist unstrittig. Umweltschutzorganisationen kritisieren aber, die Geldgeber übten zu wenig Kontrolle aus. Alexandr Nikitin von der norwegischen Bellona ist überzeugt, dass Deutschland wesentlich mehr bezahle, als die Anlage kostet. Ein Großteil solcher Gelder verschwinde in dunklen Kanälen. Westliche Regierungen machten den Fehler, sich keine Kontrollbefugnisse zu sichern. Norwegen hat schon bittere Erfahrungen gemacht. So finanzierte das Land eine Reinigungsanlage für flüssigen radioaktiven Abfall, die am Ende nicht nur zweieinhalb Mal so viel wie vereinbart kostete, sondern seit ihrer Fertigstellung 2001 so gut wie unbenutzt steht. Mal begründet die russische Seite das mit technischen Problemen, mal mit zu hohen Kosten.

Die Atomreaktoren für das von Berlin finanzierte Lager kommen von U-Booten, die auf der nahen Nerpa-Werft verschrottet werden. Die Verschrottung eines Atom-U-Boots kostet rund 20 Millionen Euro.

REINHARD WOLFF