Weltbank verhindert eigene Wende

Die Weltbank will Ende des Monats beschließen, wie sie ihre Förderung von Rohstoffprojekten reformiert. Den geforderten Ausstieg aus der Ölprojektfinanzierung wird es wohl nicht geben. Kritik zum 60. Jubiläum der Bank

BERLIN taz ■ Die finanzielle Förderung von Rohstoffgewinnungsprojekten durch die Weltbank konterkariert oft ihr ureigenstes Ziel, die Armutsbekämpfung. Das ist der Kernthese eines Berichts, des Extractive Industries Review (EIR), den die Weltbank selbst in Auftrag gegeben hatte. Ende dieses oder Anfang kommenden Monats entscheidet der Verwaltungsrat der Weltbank über die EIR-Empfehlungen. Aber schon jetzt ist klar, dass die Entwicklungsbank die Geister, die sie rief, am liebsten wieder loswerden möchte. Auf die geforderten weitreichenden Änderungen ihrer Politik – etwa den Ausstieg aus der Finanzierung von Öl- und Kohleprojekten – will sie sich nicht einlassen.

Zwar findet das Weltbankmanagement im Entwurf einer Replik auf den Bericht warme Worte: Der EIR habe „eine wichtige und positive Wirkung auf die Herangehensweise der Bank an diesem Sektor“ gehabt. Doch wo es konkret wird, wollen die Manager in vielen Fällen nicht mitziehen. So finden sie zwar auch, dass die örtliche Bevölkerung einen Nutzen von den Rohstoffprojekten haben sollte. Aber aus der im EIR geforderten Zustimmung der Betroffenen zu den Projekten wird in der Antwort der Weltbank nur noch eine Konsultation. Den Ausstieg aus Öl- und Kohleprojekten lehnt das Management strikt ab. Und der Förderanteil für erneuerbare Energien soll zwar erhöht werden, aber von einem so niedrigen Niveau ausgehend, dass sich kurzfristig sogar eine Verringerung der dafür verfügbaren Finanzmittel ergeben könnte.

Die versprochene 20-prozentige Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien im Förderportfolio sei daher „nicht hinreichend, um eine echte Wende darzustellen“, monieren die Grünen-Abgeordneten Reinhard Loske und Thilo Hoppe in einem Brief an die Weltbank. Der Bundestag hat in einer Anfang des Monats verabschiedeten Resolution die Bundesregierung dazu aufgefordert, sich gegenüber der Weltbank für eine Umsetzung der EIR-Vorschläge einzusetzen.

Unter dem Motto „60 Jahre und kein bisschen weise“ fordern die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Urgewald, BUND und Fian anlässlich des 60. Jahrestags der Weltbank-Gründung am Donnerstag ein Umsteuern: „Zum 60. Geburtstag kann sie den eigenen Auftrag endlich ernst nehmen: nämlich die weltweite Armut durch nachhaltige Entwicklung zu bekämpfen.“ Insbesondere den Ausstieg aus der Ölprojektfinanzierung wollen die Organisationen erreichen. Das Engagement der Weltbank in diesem Bereich habe den Lebensstandard der Bevölkerungsmehrheit in den fraglichen Entwicklungsländern nicht erhöht, sondern aufgrund von Korruption, hohen Militärausgaben oder Kriegen sogar noch gesenkt. Dies gehe sogar aus bankinternen Studien hervor.

Wie problematisch die Weltbankförderung für Ölprojekte oft sei, zeige sich gerade beispielhaft an der Ölpipeline vom aserbaidschanischen Baku bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Die Arbeiten seien teilweise so schlecht ausgeführt, dass die durch Konflikt- und Erdbebengebiete führende Pipeline eine Zeitbombe darstelle. Dies berichteten jüngst Mitarbeiter an dem Bauprojekt. Zwar hat die Weltbank nur 125 Millionen Dollar zum Bau beigesteuert. Doch die Macht der Bank zeigt sich dadurch, dass ein Kredit von ihr wie ein notwendiges Gütesiegel für andere Geldgeber funktioniert.

Gerade dieser Gütesiegeleffekt macht ein Umsteuern der Weltbank umso wichtiger, meint Regine Richter von Urgewald. Denn „wenn ein internationaler Standardsetzer wie die Weltbank sein Energie-Portfolio umkrempelt, strahlt das auf andere Geldgeber enorm aus“.NICOLA LIEBERT