Leckeres Labor-Gen in Europas Futtermais

Die EU-Kommission lässt den genveränderten Mais NK 603 von Monsanto als Tierfutter zu. Sie sieht weder Risiken für den Menschen noch für die Umwelt – und handelt sich Kritik ein. Kommt der Mais demnächst trotzdem auf die Teller?

BERLIN taz ■ High-Tech-Futter für Kühe, Schweine und Hühner in Europa: Die EU-Kommission hat einen weiteren Genmais zugelassen. Die Sorte NK 603 des Konzerns Monsanto darf ab sofort importiert und zu Tierfutter verarbeitet werden. Umweltschützer halten die Entscheidung für unverantwortlich.

Greenpeace-Experte Christoph Then erklärte der taz: „In der Autobranche würde ein derart unausgereiftes Produkt niemals zugelassen.“ NK 603 sei technisch mangelhaft. Dem Mais wurde im Labor ein Genabschnitt eingebaut, der ihn gegen das Monsanto-Pflanzenschutzmittel Roundup Ready resistent macht. Then: „Die Sequenz ist weiter aktiv, bildet etwa ungewollte Inhaltstoffe.“

Umweltkommissarin Margot Wallström sieht diese Gefahr nicht – und beruft sich auf Erfahrungen anderer Länder. Der Mais werde in vielen Teilen der Welt bereits angebaut, etwa in den USA und Kanada, sagte sie. Dort hätten sich Bedenken gegenüber Pflanzen aus dem Genlabor nicht bestätigt. Berichte über Gefahren für Mensch und Umwelt gebe es nicht.

Allerdings teilen längst nicht alle EU-Staaten die positive Haltung der Kommission gegenüber Pflanzen der neuen Art. Eher halten sich Gegner und Befürworter die Waage. Doch: Kommt weder für noch gegen die Zulassung eines Genproduktes eine qualifizierte Mehrheit zustande, darf die Brüsseler Behörde im Alleingang entscheiden. So sehen es die EU-Regeln vor. Und als der Ministerrat vor einigen Wochen über NK 603 abstimmte, gab es ein klassische Pattsituation: Neun Staaten sprachen sich für und neun gegen die Zulassung aus. Deutschland enthielt sich.

Die Kommission macht keinen Hehl daraus, dass sie möglichst schnell möglichst viele Gen-Anträge bewilligen will – nach einem mehr als fünfjährigen Zulassungsstopp. Seit im April neue Vorschriften zur Kennzeichnung von Genprodukten in Kraft getreten sind, treibt sie die Verfahren voran. Rund 30 Anträge liegen ihr vor. Erst im Mai genehmigte sie den Dosenmais BT 11 der Schweizer Firma Syngenta für Supermärkte.

Auch NK 603 könnte bald als Lebensmittel zugelassen werden – und gemahlen in Erdnussflips oder in Schokoriegeln auftauchen.

In den kommenden Monaten wird darüber ebenfalls die EU-Kommission entscheiden. Denn: Als die EU-Agrarminister darüber am Montag berieten, gab es – man ahnt es schon – weder dafür noch dagegen eine Mehrheit. HANNA GERSMANN