informationspflicht
: Pauschale Voraberklärung

Der Grundsatz gilt für jede Forschung am Menschen: Wer an einer klinischen Studie teilnimmt, muss wissen können, worauf er sich einlässt. Zwingend ist eine verständliche Aufklärung über Zweck, angestrebte Verwertung und Gesundheitsrisiken. Nur so ist realisierbar, was Juristen „informierte Einwilligung“ nennen. Dass Versuchspersonen damit oft überfordert sind, spricht nicht unbedingt gegen das Prinzip – es ist aber Indiz für mangelnde Beratung, Transparenz und Kontrolle im Studienalltag.

Wer Blutproben und persönliche Daten an Biobanken abgibt, kann überhaupt nur dann „informiert“ in Forschung einwilligen, wenn Projekte, Ziele und Beteiligte zum Zeitpunkt der „Spende“ bekannt sind. Dies ist aber in der Regel nicht der Fall: Zweck solcher Sammlungen ist es ja gerade, Körperstoffe und Daten jahrzehntelang bereitzuhalten – als Ressource für Genforscher.

In ihrem Interesse und um Biobanken abzusichern, plädiert der Nationale Ethikrat nun für eine kuriose Variante informierter Einwilligung: „Wenn die Spender jedoch über die Unsicherheit der konkreten zukünftigen Verwendungen aufgeklärt worden sind, sind sie sich darüber im Klaren, dass sie sich auf eine Ungewissheit einlassen.“ Deshalb reiche eine Voraberklärung, die pauschal und unbefristet jeder Forschung zustimmt.

Solchen Einflüsterungen sollte der Gesetzgeber nicht folgen. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gebietet das Gegenteil: Wer Daten und Körperstoffe nutzen möchte, muss verpflichtet werden, vor jedem Projekt Einwilligungen der „Spender“ einzuholen und diese auch während der Studie auf dem Laufenden zu halten.

Dies muss auch bei der Anonymisierung von Substanzen und Daten gelten. Denn Forschungsergebnisse wirken nicht nur auf die Probanden. Kommt etwa ein Gentest auf den Markt, entwickelt auf Basis verschlüsselter Blutproben und Daten von Menschen mit einer bestimmten Behinderung oder Krankheit, müssen alle Betroffenen mit Konsequenzen rechnen. Spätestens wenn Krankenkassen, Versicherungen und Arbeitgeber den Test zwecks „Risikoselektion“ einsetzen. KLAUS-PETER GÖRLITZER