Am siebten Tag ruhte Gott?

Aber nein, er eilte zum Kiosk, um alles über die Bundesliga zu lesen. Die neue „Bild am Sonntag“ mit dem vollmundig angekündigten „größten Sportteil aller Zeiten“ wäre wohl kaum seine erste Wahl

VON ARNO FRANK

Es ist noch kein Jahr her, da witterte man bei Springer ein ganz großes Geschäft. Potenziell 15 Millionen Männer soll es geben in Deutschland, die sich eine allsonntägliche Sportzeitung wünschen würden. Also schickte der Verlag den hauseigenen SportBild-Chef Pit Gottschalk in die Spur, ein solches Blatt zu machen. Mit Statistiken, Analysen, Spielberichten. Sport Live nannte sich der Prototyp, der den Lesern in Dortmund, Bremen und im Saarland testweise für 30 Cent verkauft wurde. Oder besser: nicht gekauft wurde.

Jedenfalls nicht genug, um sich gegen Bild-am-Sonntag-Chef Claus Strunz durchzusetzen, der in Sport Live völlig zu Recht eine Gefahr für seine BamS erkannte – mit einem Potenzial, das seiner behäbigen Sonntagszeitung durchaus hätte Konkurrenz machen können.

Nun aber kam – nach dem Relaunch der Welt am Sonntag, der sich vor allem durch die ästhetisch längst überfällige Streichung des Proll-Kürzels WamS auszeichnet und ansonsten im Fahrwasser der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung segelt – gestern die überarbeitete BamS auf den Markt. Sie wissen schon: Die BamS ist ein wöchentliches Boulevardblatt mit einer verkauften Auflage von 2,1 Millionen Exemplaren und viel „Bums“, wie es uns die kongeniale Werbung eingetrichtert hat. Und mit dem weltgrößten Sportteil aller Zeiten! So aktuell und hintergründig recherchiert, dass selbst Bundesligaspieler noch etwas lernen können!

Kernstück der neuen BamS sollte der von 48 auf 64 Seiten erweiterte aktuelle Teil sein. Über eine typografische Kennzeichnung im Seitenkopf wird durch das Blatt und seine verschiedenen neuen inhaltlichen Formate geleitet. Die blattinterne Bravo-Konkurrent VivaBamS bringt – wie auch die Bäckerblume – ein Interview mit Daniel Küblböck. Und in der uns vorliegenden Ausgabe wird unter „Nachrichten/Aktuelles“ ausführlich über die hohe Kunst Arschbombe berichtet – viel mehr mochte beim besten Willen nicht haften bleiben im Gedächtnis.

Und der Sport? Ist noch immer nicht Fisch noch Fleisch und bleibt trotz aller Sport-Live-Einflüsse deutlich hinter den Erwartungen der fußballinteressierten Leserschaft zurück. Es steht einfach nicht genug Neues drin, und was ins Blatt findet, glänzt nicht eben durch profunde Recherche – trotz deutlich erhöhter Statistikendichte. Auf der letzten Seite, bisher der Rubrik „Vermischtes“ vorbehalten, müsse es „krachen“, so Strunz. Sie kündigt künftig die wichtigsten Themen des, wie gesagt, „weltgrößten Sportteils aller Zeiten“ an, der von 24 auf 30 Seiten ausgebaut wurde. Die britische Sunday Times bietet, dies aber nur am Rande, ihren Lesern jeden Sonntag 32 Seiten Sport. So klein ist die Welt.