Halbe Herero-Geste

Wieczorek-Zeul startet „Dialog“ mit Namibias Hereros – zunächst ohne offizielle Entschuldigung für Völkermord

WINDHOEK afp/dpa/taz ■ 100 Jahre nach dem kolonialen Vernichtungskrieg in Namibia hat sich zum ersten Mal eine deutsche Ministerin mit Vertretern des Herero-Volkes getroffen, um einen „Dialog der Versöhnung“ ins Leben zu rufen. Die Initiative von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sei ein „historisches Treffen“, sagte der deutsche Botschafter in Namibia, Wolfgang Massing, gestern in Windhuk. „Versöhnung bedarf der Erinnerung, des Bedauerns und der Entschuldigung“, sagte Wieczorek-Zeul. „Wir bekennen unsere Schuld und bitten um Vergebung.“ An dem Treffen nahmen rund 20 ranghohe Vertreter der Hereros und des Nama-Volkes teil. Bei der Unterredung machten sie klar, dass für sie der Dialog im Vordergrund stehen soll. „Die Mauern der Vergangenheit sollten eingerissen werden“, betonten die Herero-Vertreter.

An dem Treffen nahm auch Oberhäuptling Kuaima Riruako teil, der von Deutschland bisher vergeblich Wiedergutmachung in Milliardenhöhe gefordert hat. In den Gesprächen spielte die Frage von Entschädigungszahlungen allerdings keine Rolle. Forderungen nach Entschädigung für die Hereros hatte Wieczorek-Zeul bereits zu Beginn ihres Besuches in Namibia am Donnerstag eine klare Absage erteilt. „Unsere Zusammenarbeit bedeutet, dass wir uns allen Bürgern und Bürgerinnen Namibias gegenüber verantwortlich fühlen und dass es natürlich keine Zahlungen an besondere Gruppen geben wird“, sagte sie.

Nun wird mit Spannung erwartet, ob sich Wieczorek-Zeul am heutigen Samstag bei der zentralen Gedenkfeier zum 100. Jahrestag der entscheidenden Schlacht am Waterberg offiziell für die Verbrechen der Kolonialzeit entschuldigt. Dies hatte die Bundesregierung bisher abgelehnt. Zu der Feier in der Stadt Okakarara werden bis zu 10.000 Gäste erwartet. Am 11. und 12. August 1904 hatte die deutsche Schutztruppe im damaligen Deutsch-Südwestafrika die Herero-Rebellen besiegt und in die Wüste getrieben, womit der Krieg gegen den Herero-Aufstand in einen Vernichtungsfeldzug ausgeartet war.

Wieczorek-Zeul nimmt als erstes deutsches Regierungsmitglied an einer der 100-Jahr-Feiern des deutschen Völkermords an den Herero in Namibia teil. Sie will sich in einer Rede zur „besonderen politischen und moralischen Verantwortung“ Deutschlands für die Kolonialverbrechen bekennen. Der namibische Menschenrechtler Phil ya Nangoloh rief die Ministerin auf, das Vorgehen der deutschen Kolonialtruppe als „Völkermord“ zu verurteilen. Aus der Sicht des heutigen Völkerrechts habe es sich um einen Völkermord gehandelt, sagte Wieczorek-Zeul. Gestern wollte sie einen Kranz am Grab des Anführers des Herero-Aufstandes, Samuel Maharereo, niederlegen.