Die Witzezerstörerin

Das hektische Dampfgebrabbel der Sarah Kuttner enttäuscht alle in sie gesetzten Erwartungen. Eine Zwischenbilanz (Mo. bis Do., 21 Uhr, Viva)

VON JOHN DAVIDSON

Es ist zum Verzweifeln. Da hatte man Hoffnung in ein Talent gesetzt und muss merken, dass es irgendwie nicht klappt. Nicht, dass alles kompletter Müll wäre. Doch ehrlich gesagt hatte man es sich doch anders vorgestellt. Sarah Kuttner ist seit zwei Wochen mit ihrer eigenen Show bei Viva auf Sendung. Und müht sich um die Gunst der Zuschauer. Bisher vergeblich.

Sarah Kuttner war die vorerst letzte Trumpf-Karte, die das deutsche Talk-Comedy-Personality-Fernsehen zog. Spätestens seit ihrer Moderation des Grand Prix-Vorentscheids, bei dem sie ein Kunststück vollbracht hatte, das keines war (den Co-Moderator Jörg Pilawa langweilig und altbacken aussehen zu lassen – dafür reichte es, ein paarmal „geil“ und einmal „scheiße“ zu sagen), galt sie gemeinhin als neue TV-Hoffnung.

Vorschusslorbeeren

Vor dem Start ihrer werktäglichen Abendshow war sie in allen Zeitungen präsent und sammelte eifrig Vorschusslorbeeren: Die Journalisten jubelten, sie sei frech, unkonventionell, habe Berliner Schnauze – schließlich sagt sie ja Worte wie „scheiße“ und „geil“. Und nach dem Anfang vom Engelke-Ende musste nun mal ein neuer Schmidt-Ersatz her. Es konnte doch nicht sein, dass Stefan Raab wirklich der unterhaltsamste Entertainer im deutschen Fernsehen bleiben sollte.

Auch wenn man sich bisher wirklich nicht dem „Wir wollen Schmidt zurück“-Geheule angeschlossen hat und auch jetzt nicht einstimmen will – die Erfahrungen der vergangenen Abende mit der Kuttner stimmen nicht sehr zuversichtlich. Der Unterhaltungsnachwuchs bemüht sich redlich, aber es reicht einfach nicht. Es scheint, als würde Viva nur Talente hervorbringen, die auf ewig Talente bleiben. Oliver Pocher stagniert im Mittelmaß mit seltenen Ausreißern nach oben, Tobi Schlegl kocht nach dem gescheiterten Versuch, auf Pro 7 eine Talkshow am Nachmittag zu etablieren, sein Süppchen wieder zu Hause im Musikfernsehen, interessiert aber auch nicht mehr.

Und Sarah Kuttner? Ach Sarah. Man wollte sie doch gut finden. Ganz ehrlich – wäre man schließlich dankbar für eine nette Stunde TV-Konsum am Abend. Doch dann macht sie es einem schwer, so schwer, nicht wegzuschalten. Nonstop redet sie, die wenigen guten Pointen gehen im Redefluss der „kapriziösen Kodderschnauze“ (Stern) unter. Der eigene Finger rutscht unruhig auf der Fernbedienung hin und her, im Studiopublikum sieht man gequält lächelnde Gesichter. Unendlich viele Rubriken innerhalb der Show ersticken die Möglichkeit, irgendwo an Profil zu gewinnen, gute Ansätze bleiben irgendwo zwischen dem hektischen Dampfgebrabbel der Moderatorin und dem Sessel des Fernsehzuschauers stecken. Die besten zehn Minuten bisher hatte nicht Kuttner, sondern ihr Gast Herbert Feuerstein, der so gar keine Lust hatte, sein Buch zu bewerben.

Eistüten-Witze

Neulich verteilte Sarah Kuttner zusammen mit ihrem Redakteur Sven minutenlang Eistüten an das Publikum im Studio. Es wirkte, als sei ihnen einfach nichts Besseres eingefallen. Zudem bemerkte Kuttner andauernd, dass sie eine sehr lustig aussehende Mütze trage – und schon war der Witz wieder zerstört. Ach, hätte sie die Mütze doch einfach nur aufgesetzt und den Rest der Sendung darüber geschwiegen. Man muss doch nicht über alles reden. „Noch nicht umschalten“, sagt eine Stimme im Kopf. Es wird bestimmt bald besser. Hoffentlich.