lexikon der globalisierung
: Was bedeutet eigentlich Entwicklungsfinanzierung?

Mehr Realkapital (Maschinen, Industrieanlagen, Verkehrswege) kann die Lage in den Entwicklungsländern verbessern, denn Realkapital steigert die Produktivität der Arbeit: Kann ein Mensch mit Hilfe von Maschinen mehr produzieren, dann lässt sich seine Versorgung erhöhen oder seine Arbeitszeit senken; auch lassen sich mehr Personen ernähren, die in Bereichen wie Gesundheit und Bildung arbeiten.

Der Bestand an Realkapital kann steigen, wenn die Produktion eines Landes nicht restlos konsumiert wird. Es müssen Produktionskapazitäten übrig bleiben, mit denen Realkapital oder Exportgüter erzeugt werden. Gewinne aus Exporten ermöglichen es im Gegenzug, gewünschte Maschinen zu importieren.

Beschleunigen lässt sich die Entwicklung, wenn mehr importiert als exportiert wird. Damit allerdings entsteht ein Handelsbilanzdefizit, das finanziert werden muss. Internationale Kreditaufnahme ist dafür die schlechteste Lösung. Dies zeigt die Erfahrung der letzten Jahrzehnte. Eine bessere Methode der Finanzierung wurde in den 50ern und 60ern in der Wirtschaftswissenschaft diskutiert. Der Grundgedanke ist einfach: Entwicklungsländern wird im Rahmen internationaler Abmachungen ein bestimmtes Handelsbilanzdefizit zum zusätzlichen Import von Kapitalgütern eingeräumt. Sie bezahlen dieses Defizit mit ihrer heimischen Währung über einen gründlich reformierten Internationalen Währungsfonds (IMF). Der gibt im Gegenzug internationales Geld heraus, das wie der Dollar weltweit akzeptiert wird. Der Exporteur im Industrieland tauscht also seinen Exporterlös (die Währung des importierenden Entwicklungslandes) beim IMF gegen Weltgeld ein.

Dieses Arrangement ist auch für die Industrieländer vorteilhaft: Es ermöglicht ihnen Handelsbilanzüberschüsse und damit mehr Wachstum und Beschäftigung. Derzeit jedoch erwirtschaften die USA hohe Handelsbilanzdefizite durch ihre hohen Importe. Sie zahlen mit Dollar und schaffen so internationales Geld. Besser für die Konjunktur der USA wäre, wenn sie Überschüsse erzielten und die Entwicklungsländer Defizite, die durch die Schaffung von anderem internationalem Geld finanziert würden. HERBERT SCHUI

Das Lexikon erscheint mit Hilfe des wissenschaftlichen Beirats von Attac jeden Montag