„Raffzahn“ Agnes vs. „Ekel“ Alfred

SPD wehrt sich gegen Filzvorwürfe wegen des Wechsels von Staatssekretär Tacke zu Steag. CDU und FDP seien nicht glaubwürdig. Auch grüner Energieexperte Priggen verteidigt die Personalie Tacke

VON MARTIN TEIGELER

SPD und Grüne in NRW verteidigen den kommenden Steag-Chef Alfred Tacke gegen Attacken von CDU und FDP. „Ein Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft, ist nicht verwerflich, sondern wünschenswert“, sagt Edgar Moron, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Auch Reiner Priggen, energiepolitischer Sprecher der Grünen, verteidigt den Wechsel des Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium ins Revier. „Das ist ein exzellenter Fachmann, den kann man hier gebrauchen“, so Priggen zur taz.

CDU und FDP kritisieren den Wechsel von Berlin nach Essen hingegen weiter als „roten Filz und Klüngel“. Staatssekretär Tacke hatte vor zwei Jahren in Vertretung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller die Ministererlaubnis bei der Übernahme der Ruhrgas AG durch E.ON erteilt. Müller ist inzwischen Vorstandsvorsitzender des Energieriesen RAG, des Mutterkonzerns von Steag und Ex-Anteilseigner von Ruhrgas.

„Die Sache ist natürlich schräg, das hat einen Geschmack“, räumt der grüne Energiepolitiker Priggen ein. Trotzdem müsse ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft möglich sein. Man könne bei Interessenskonflikten über ein- oder mehrjährige „Zeitsperren“ für wechselwillige Politiker nachdenken. Trotzdem hält Priggen die Oppositionskritik für „puren Wahlkampf“. CDU und FDP seien bei diesem Thema wenig glaubwürdig, sagt Priggen und verweist auf die bürgerlichen Branchenwechsler Laurenz Meyer und Andreas Reichel (siehe Kasten).

SPD-Fraktionschef Moron wirft dem CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers wegen der Kritik am Tacke-Wechsel „gnadenlosen Populismus“ vor. Rüttgers sei offenbar „politisch blind“, sagt Moron. So schweige Rüttgers „zu den Machenschaften seiner Parteifreundin und Ex-Staatssekretärin Agnes Hürland-Büning, obwohl sie Mitglied seines Landesverbandes ist“. Die Dorstenerin Hürland-Büning (Spitzname: „Mutter Raffzahn“) ist seit Jahren Gegenstand parlamentarischer und staatsanwaltlicher Untersuchungen. Hürland-Büning soll 1995 von Thyssen fast drei Millionen Euro für eine letztlich wertlose Beratung erhalten haben. Die Millionengeschäfte von Hürland-Büning waren im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre bekannt geworden.

Fälle wie die von Hürland-Büning seien „geeignet, das Vertrauen in die politisch Verantwortlichen zu erschüttern“, sagt SPD-Fraktionschef Moron. Dazu trage auch die „doppelbödige Moral“ des CDU-Landesvorsitzenden Rüttgers bei.

Die CDU bleibt jedoch bei ihrer Kritik an der Personalie Tacke und will das Thema sogar im Bundestag ansprechen. Für Donnerstag hat die Union eine Sondersitzung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses beantragt, wo der Fall zur Sprache gebracht werden soll.