Einblick (62)

Sencer Vardarman, Künstler

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich/hat Sie zuletzt an- oder auch aufgeregt?

Sencer Vardaman: Mit Gänsehautgefühl erinnere ich mich an den barocken Bombast der Bill Viola-Video-Show in der Deutschen Guggenheim. Man erlebt selten diese verdichtete Mischung aus Konzeption, Emotion und technischer Perfektion.

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie empfehlen?

Im Rahmen des „Simdi Now“-Festivals würde ich ohne Umschweife Burhan Öcal und Baba Zula empfehlen – wegen der Authentizität dieser Künstler und ihres mitreißenden Repertoires.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie zurzeit durch den Alltag?

Im Moment eigentlich nichts Besonderes, aber ich lese nebenbei immer gern politische und Kunst-Magazine, z. B. Spiegel, Parkett und Artforum. Auch Bücher mit Themen im Schnittpunkt zwischen Wirtschaft und Politik. Mein Favorit ist derzeit Izzettin Önder (* 1940), mein Professor of Economics, bei dem ich in Istanbul Ökonomie studierte, bevor ich mich entschied, künstlerisch zu arbeiten. Insofern beeinflussen Fragen der Ökonomie, etwa Önders „Ekonomi ve Politika Yazilari“ (Texte zu Wirtschaft und Politik), in dem es u. a. um die Rolle des Internationalen Währungsfonds oder den Islam als politischen Faktor geht, bewusst oder unbewusst auch die Themen meiner Kunst. Von Önder habe ich gelernt, was es heißt, objektiv zu sein.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen momentan am meisten Freude?

Ich bin happy, dass ich in der Ausstellung „berlin . istanbul“ im Bethanien vertreten bin, weil ich an repräsentativer Stelle meine Werke zeigen kann und weil es mir gelungen ist, Kurator Christoph Tannert mit Hilfe meines „Art Pools“ weitere 10 Istanbuler nahe zu bringen. „Art Pool“ ist ein Archiv, das ich zusammen mit Banu Birecikligil aufbaue, um in Berlin nachhaltiger über die türkische Kunstszene der Gegenwart zu informieren.