Moratorium für Forschungsklone

Der Nationale Ethikrat spricht sich in seiner Stellungnahme überraschend gegen eine Zulassung des Forschungsklonens aus – vorerst. Bei neuen Erkenntnissen soll wieder diskutiert werden. Die Erzeugung von geklonten Babys soll verboten bleiben

VON WOLFGANG LÖHR

Der Nationale Ethikrat (NER) hat sich dagegen ausgesprochen, das Forschungsklonen zum „gegenwärtigen“ Zeitpunkt zuzulassen. Die Empfehlung für ein Moratorium werde von allen 25 Mitgliedern des von Bundeskanzler Gerhard Schröder vor drei Jahren einberufenen Ethikrats mitgetragen, gab der Vorsitzende des NER, Spiros Simitis, gestern in Berlin bei der Vorstellung der seit längerem erwarteten Stellungnahme zum Klonen bekannt. Einigkeit besteht im Ethikrat auch darin, dass reproduktives Klonen, die Erzeugung von geklonten Babys, ausnahmslos verboten bleiben müsse.

Die gemeinsame Forderung nach einem Moratorium kam für viele überraschend. Denn vor wenigen Wochen noch berichteten einige Medien, dass sich eine Mehrheit im Ethikrat für das Klonen zu Forschungszwecken aussprechen werde. Doch falsch wäre jetzt zu meinen, die relativ starke Fraktion im Ethikrat, die sich in der Vergangenheit wiederholt für eine drastische Lockerung des ihrer Meinung nach verfassungsrechtlich nicht haltbaren deutschen Embryonenschutzgesetzes eingesetzt hatte, habe ihre Position grundlegend geändert.

In der 70-seitigen Stellungnahme befürworten immerhin zwölf Ethikratsmitglieder, also fast die Hälfte, das Forschungsklonen. Ihrer Meinung nach könne einer „Blastozyste vier oder fünf Tage nach dem Zellkerntransfer noch kein Menschenwürdeschutz wie einem Neugeborenen“ zugesprochen werden.

„Wir vertreten ein Stufenkonzept“, sagte Professor Wolfgang van den Daele. Das heißt, der Menschenwürdeschutz steigt mit der Entwicklung des Embryos. Van den Daele befürwortet die „englische Lösung“. Dort darf mit Embryonen bis zu einem Alter von 14 Tagen geforscht werden. Vor wenigen Wochen erst wurde dort auch erstmals ein Forschungsprojekt genehmigt, in dem mit der gleichen Methode, wie seinerzeit das Klonschaf Dolly entstanden ist, menschliche Embryonen geschaffen werden sollen. Aus den frühen Embryonen sollen dann so genannte Stammzellen für die Grundlagenforschung gewonnen werden. Die von van den Daele vertretende Gruppe ist sogar der Ansicht, dass der Staat die Pflicht habe, die Forschung mit aus menschlichen Klonen gewonnenen Stammzellen zuzulassen.

Dass auch die Befürworter des Forschungsklonens für ein Moratorium eintreten, bezeichnete van den Daele als einen „politischen Kompromiss“. Mit ihm könnte auch etwas Ruhe in die „hoch aufgeladene Debatte in unserer Gesellschaft“ gebracht werden, so van den Daele.

Ein Grund ist aber sicherlich auch, dass derzeit kaum Aussichten bestehen, dass der Gesetzgeber das Klonverbot aufhebt. Wiederholt hatte der Bundestag sich für ein umfassendes Klonverbot ausgesprochen. Auch die Bundesregierung ist gefordert, sich bei den in dieser Woche wieder aufgenommenen Verhandlungen bei den Vereinten Nationen über eine internationale Regelung für ein weltweites Verbot einzusetzen.

Zwei kleinere Gruppe von je fünf Ethikratsmitgliedern sprechen sich gegen das therapeutische Klonen aus. Die eine, zu der auch der SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel gehört, argumentiert, dass grundsätzlich kein Leben für die Forschung vernichtet werden dürfe, auch keine wenige Tage alten Embryonen. Die zweite Fünfergruppe sieht „derzeit“ keine Rechtfertigung für das Forschungsklonen.

Das könne sich höchstens dann ändern, so die Hamburger Molekularbiologin Regine Kollek, wenn zum Beispiel Verfahren entwickelt würden, die das Klonen von Stammzellen ermöglichten, ohne dass ein entwicklungsfähiger Embryo entstehe und ohne dass Frauen große Mengen von Eizellen spenden müssten.