„Wir wollen Natur erlebbar machen“

Christian Tänzler, Pressesprecher der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, über Naturtourismus

taz: Wie viel Naturschutz ist gut für den Tourismus?

Christian Tänzler: Die Leute kommen vor allem wegen der Natur nach Brandenburg. Das bestätigen alle unsere Marktforschungsergebnisse.

Steht der Naturschutz nicht manchen touristischen Projekten im Weg?

Natürlich gibt es da Abstimmungsbedarf. Zum Beispiel beim Radweg Berlin–Kopenhagen, wo Teilstrecken vollkommen neu ausgebaut wurden, hat es Diskussionen gegeben um Streckenführung, um Belag. In so einem Fall müssen Kompromisse gefunden werden. Und das ist ja auch passiert.

Ist die Ausgrenzung des Menschen, wie sie etwa in Nationalparks stattfindet, nicht schädlich für eine Urlaubsregion?

Es geht hier ja um riesige Flächen, mehr als 30 Prozent der Fläche in Brandenburg sind Schutzgebiete. Ich halte es von daher für unproblematisch, wenn der Zugang zu einzelnen Teilflächen eingeschränkt wird. Dafür sollte der Zugang zu anderen Flächen gut aufbereitet sein. Da muss man einfach ein Gleichgewicht finden.

Haben Sie für Ferien in der Natur eine Strategie entwickelt?

2002 gab es das Jahr des Ökotourismus. Das war unter anderem der Startschuss dafür, die Vernetzung von Naturschutz und Tourismus auszubauen. Ausdruck hat das Ganze gefunden in einer Broschüre, in der ganz konkret Angebote zum Thema Naturerlebnis gemacht wurden. geführte Touren etwa mit einem Ranger durch den Nationalpark Unteres Odertal. Diese Angebote gibt es nach wie vor.

Wie reagiert die Landbevölkerung darauf?

Da hängen ja Arbeitsplätze dran, und da Tourismus oft ein positiver Imagefaktor für das Land ist, wird das tendenziell ganz wohlwollend betrachtet.

Wie wollen Sie diejenigen Menschen anziehen, die sonst nicht mit der Natur in Berührung kommen?

Es gibt die Chance, Natur erlebbar zu machen mit einer Mischung aus Lernen, Aktivität und Unterhaltung. Manche Menschen haben ja Angst in der Natur. Zum Beispiel wenn sie aus der Stadt kommen und es nicht mehr gewöhnt sind, sich im Wald frei zu bewegen. Da sind geführte Touren ideal. Gerade Kinder und Familien sollten wieder einen Zugang zur Natur bekommen. Da ist auch das Thema Umweltbildung ganz wichtig, etwa Kindern zu erklären, woher die Milch kommt. Im Schlaubetal gibt es zum Beispiel eine Waldschule. Da sitzt der Förster mit den Kindern auf Baumstämmen und erklärt denen den Wald. Das ist eine Supersache.

Früher sind die Leute nach Kanada oder Norwegen gefahren auf der Suche nach ursprünglicher Natur und Einsamkeit. Heute kann man das auch in Deutschland oder Polen finden.

Ja, wir besitzen durch unsere dünn besiedelten und weitgehend naturbelassenen Landschaften eine enormes Potenzial. Und wenn man interessante Angebote schafft, sodass die Menschen aktiv die Natur kennen lernen und genießen können, dann haben wir gute Chancen auch im internationalen Wettbewerb.

INTERVIEW: CHRISTINE BERGER