Der neue Kitsch

Morgen eröffnet das Filmfest Hamburg mit der dänischen Komödie „Oh happy day“, die einem Trend zur Romantik zu folgen scheint. Ungläubige finden zu Gott, und vom Himmel regnet es Rosenblüten

Von Maren Albertsen

„Immer wenn man glaubt, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Oder vielleicht lieber ein überdimensionaler Sonnenstrahl, aus dem haufenweise Rosenblüten herabregnen? Zumindest in der dänischen Komödie Oh happy day, die morgen das Filmfest Hamburg eröffnet, ist das möglich.

Hauptdarstellerin Lotte Andersen spielt darin die unglücklich verheiratete Hausfrau Hannah, die in einem mittelmäßigen Kirchenchor singt. Eines Tages fährt sie mit ihrem Fahrrad in einen Reisebus, der einen Gospelchor aus Harlem von einem Auftritt in der dänischen Provinz zurück zum Flughafen bringen wollte. Der verletzte Leiter Moses Jackson (Malik Yoba) muss sich im Dorf erholen und fängt an, die Mitglieder des Dorfchores im Gospelgesang zu unterrichten – natürlich nicht, ohne dabei anfangs auf Skepsis und Misstrauen zu stoßen. „Das sind so Neger mit Umhängen, die mit den Armen wedeln und halleluja schreien“, raunen sich vor allem gefrustete Ehemänner zu, für die Jackson nicht nur aufgrund seiner Stimme eine Konkurrenz darstellt.

Neben charmantem Wortwitz und wunderschönen Gospelsongs spielt bei Hella Joofs zweiter Regiearbeit vor allem noch eins eine wichtige Rolle: Romantik. Ob Rosenblüten, die von der Kirchendecke rieseln, einen Film inhaltlich wertvoller machen, ist natürlich fraglich. Doch mit ihren hemmungslos kitschigen Szenen scheint Joof ganz im Trend weiterer Produktionen des Filmfestes zu liegen. Egal ob aus dem Iran, aus Frankreich, den USA oder Deutschland: Die aktuellen Filme sind oft ganz nach dem Motto „Ende gut, alles gut“ aufgebaut. Denn selbst wenn die Geschichten tragisch beginnen und die Situationen der Protagonisten hoffnungslos erscheinen, findet sich ein Ausweg. Wahlweise sind es Zufälle oder aus dem Nichts auftauchende Fremde, die auf wundersame Weise alles zum Positiven verändern. Auch der Glaube an Gott wird wiederholt als Rezept gegen Hoffnungslosigkeit und Selbstzweifel bemüht.

Während der Kirche im richtigen Leben immer mehr Mitglieder verloren gehen, passiert in den Filmen das Gegenteil. So finden auch in Oh happy day langjährige Ungläubige spontan zurück zu Gott. Dabei hat der Gospelchorleiter nicht mal außergewöhnliche Predigten zu bieten. Für selige Gesichter und strahlendes Lächeln braucht er nur drei Worte zu wiederholen: „Gott liebt euch.“ Vielleicht ist damit ja aber auch schon alles gesagt.

„Oh happy day“: Do, 19.30 und 20.45 Uhr, Cinemaxx; So, 17 Uhr, Grindel