Vom Winde verweht

Neue Studie: Pollen von Gen-Gräsern fliegen viel weiter als gedacht. Biotechfirmen geraten in die Defensive

BERLIN taz ■ Eine neue Studie zur Ausbreitung von gentechnisch veränderten Gräsern sorgt in den USA für Aufsehen. Forscher der Umweltbehörde EPA haben in Tests festgestellt, dass sich die Samen von genmanipuliertem Flechtstraußgras (Agrostis stolonifera) deutlich weiter verbreiten können als bislang angenommen. Bis zu 20 Kilometer vom Ursprungsfeld entfernt fanden die Wissenschaftler Auskreuzungen des Gen-Grases – deutlich weiter entfernt als je zuvor.

Mit der Entdeckung, die in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Proceedings of the National Academy of Sciences (www.pnas.org) veröffentlicht wird, steigt unter Gentech-Kritikern die Angst vor einem „Superunkraut“. Denn das Flechtstraußgras wird von den US-Gentechfirmen Monsanto und Scotts für Golfplätze entwickelt. Es ist unempfindlich gegen das Herbizid Roundup. Sollte es diese Eigenschaft in Wildpflanzen einkreuzen, könnten diese sich besonders ausbreiten – schließlich ist Roundup das meistbenutzte Herbizid in den USA. Der US Forest Service befürchtet bereits, das Gras könne „alle 175 nationalen Wälder und Grünlandgebiete beinträchtigen“.

„Das ist die größte Entfernung, über die Gen-Austausch stattfindet, von der ich je gehört habe“, zitiert die New York Times den Experten Norman Ellstrand von der University of California. „Diese Studie zeigt, dass die Gene sich schneller und weiter ausbreiten, als man annahm.“

Für den Versuch pflanzten die Forscher um die EPA-Biologin Lidia Watrud in Corvallis im Bundesstaat Oregon tausende von Pflanzen auf 400 Hektar Land. Anscheindend hat die Größe des Feldes bewirkt, dass der extrem leichte Samen des Flechtstraußgrases sich in solche Entfernungen verbreiten konnte. Denn bislang waren die Pollen des Grases nur bei einer Verbreitung von einigen hundert Metern beobachtet worden – allerdings von kleinen Feldern.

Die Forschungsergebnisse kommen für die Gentech-Konzerne ungelegen. Zwar werden Genarten wie Sojabohnen, Mais oder Baumwolle davon nicht betroffen. Aber Scotts plant nach dem Bericht der New York Times den Einstieg ins Geschäft mit Gen-Gräsern für die Gärten von Privathäusern. Der Konzern behauptet, es gebe keine Gefährdung auf Golfplätzen, weil das Gras so früh gemäht werde, dass es nicht zum Pollenflug komme. Monsanto hat wegen möglicher Proteste im Frühjahr bereits den Versuch abgebrochen, Gen-Weizen einzuführen. BPO