Wunderbar konsequente Vermehrung

Wie aus dem Deutschen Bücherpreis der Deutsche Buchpreis und der Preis der Leipziger Buchmesse wurde

Es ist an der Zeit, mal wieder die neuesten Entwicklungen im Marktsegement der Literaturpreise mitzuteilen. Vor einigen Tagen beschloss nämlich der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, den allseits beliebt-verhassten Deutschen Bücherpreis abzuschaffen, den mit dem Butt als handfeste Auszeichnung aus Bronze und der herrlichen Trash-Gala des MDR. Dafür hat sich der Börsenverein nun einen neuen Preis ausgedacht: den Deutschen Buchpreis. Allein die Wahl des Singulars, die Betonung auf das eine, herausragende Buch, soll da wohl schon Gewicht verleihen und den Hautgout des Ramschigen, den der Deutsche Bücherpreis in allen seinen Sparten verströmte, vertreiben.

Der Deutsche Buchpreis ist dem englischen Booker-Prize nachempfunden und geht ab 2005 an den Autor oder die Autorin des besten Romans des Jahres in deutscher Sprache. Er wird mit 37.500 Euro dotiert sein, wovon die sechs Nominierten jeweils 2.500 Euro und der Sieger 25.000 Euro erhalten sollen. Allerdings gibt es für die Leipziger Buchmesse einen Haken: Der neue Deutsche Buchpreis wird in Frankfurt vergeben, immer kurz vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse.

Nun war die Leipziger Buchmesse nicht besonders stolz auf den Deutschen Bücherpreis, doch geärgert sie sich sehr über die Abschaffung und insbesondere die Entscheidung des Börsenvereins, den neuen Preis in Frankfurt zu vergeben. Also hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt und die Stadt Leipzig, den Freistaat Sachsen und das Literarische Colloquium Berlin dafür gewonnen, unter Umgehung des Börsenvereins, versteht sich, ebenfalls einen Preis auszuloben: den Preis der Leipziger Buchmesse. Der ist mit 45.000 Euro dotiert, es galt ja, den Deutschen Buchpreis zu toppen, wird aber ab 2005 in drei Kategorien verteilt: Belletristik, Sachbuch und Essayistik, Übersetzung.

Nun lässt sich nach diesem Preis-Tohuwabu wieder herrlich über die Inflation der Literaturpreise lästern und etwa fragen: Hat eigentlich jemand mitbekommen, dass vor kurzem die Corine-Preise vergeben wurden oder Ralf Rothmann den Wilhelm-Raabe-Preis zugesprochen bekam? Zumindest braucht es einige Jahre, bis beide neuen Preise ihre Relevanz und Wertigkeit beweisen können, so sie diese Zeit dafür bekommen. Allerdings deutet das schnelle Nachziehen der Leipziger darauf hin, wie wichtig ein Preis für die Leipziger Buchmesse doch ist: Nur Publikumsmesse reicht nicht, da müssen eben auch andere Signale in die Welt und den Literaturbetrieb gehen.

Über den Deutschen Bücherpreis wiederum kann man sagen, was man will – die Tiefen deutscher Fernsehunterhaltung abzufahren, das hatte doch was! Aber immerhin hat uns seine kurze, unselige Existenz gleich zwei Nachfolger beschert. Ein guter Abgang also. GERRIT BARTELS