Breitschultrige Frauen in Männerrollen

Zur Feminale in Köln kommen Filmemacherinnen aus der ganzen Welt. In mehr als 100 Filmen aller Längen und Genres werden Weiblichkeitsmythen unterlaufen ebenso wie Klischees von Männlichkeit – eine Übersicht

Das Residenz Kino und das Filmhaus in Köln werden wieder brodeln: Die Frauen kommen. Regisseurinnen, Kamerafrauen, Filmemacherinnen. Vom 6. bis 10. Oktober ist Feminale, die größte internationale Werkschau weiblichen Filmschaffens in Deutschland. Von 750 eingereichten Werken aller Längen und Genres aus 54 Ländern wurden mehr als 100 Filme und Videos zur Präsentation auserkoren.

Das beste abendfüllende Erstlingswerk wird belohnt mit dem Feminale-Debütpreis, gestiftet von der Stadtsparkasse Köln. Favorit ist unter anderen „Main Hoon Na“ von Farah Khan – übrigens der erste Film aus Bollywood, dem indischen Hollywood, von einer Regisseurin. Der Film ist voll mit Action, Stunts, Romantik und Humor, obwohl es um fundamentalistische Terroristen geht. Bei der Feminale wird er zum ersten Mal hierzulande gezeigt.

Für die Quer Blick-Filme kommen viele Cineastinnen extra nach Köln. Denn in diesem Programmblock sind aktuelle Produktionen zu entdecken, die lesbisches Begehren zeigen, Weiblichkeitsmythen unterlaufen ebenso wie Klischees von Männlichkeit. Frauenkörper schießen Tore, hieven Gewichte, reiten Rodeo, sehen aus wie Männer oder sind ganz zum Männerkörper mutiert. In Kurz- oder Langform, witzig, lakonisch, poetisch, persiflierend oder experimentell.

Zum Beispiel Bonanza unter Wasser: In „Trick Saddle“ schweben Cowboyhüte in einem Bassin. Dann tauchen langmähnige Synchronschwimmerinnen unter die Wasseroberfläche, gehüllt in Cowboy-Kleider verteilen sie Kinnhaken, schießen um sich. „The Undergrad“ lässt den US-Klassiker „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffmann in einem neuen Licht erstrahlen: In dem Remake sind alle Männerrollen von breitschultrigen Frauen mit Bärtchen, Krawatten und Sakkos besetzt. Aber es geht auch andersrum: „DEBS“ ist eine rasante James-Bond-Parodie, deren Macho-Part von vier schlagkräftigen Twens in Karoröckchen ausgefüllt wird. Die feindliche Agentin liegt am Ende nicht nur küssend auf einer von ihnen, die Bluse liegt auch daneben. Ein Bond hätte das niemals so charmant hinbekommen.

Die meisten neuen Produktionen mit lesbischen, gender-überschreitenden Bildern kommen aus den USA nach Köln. Daneben gibt es Israels erstes Frauenfußballteam, eine indische LKW-Fahrerin, akzeptiert wie ein Mann in „Manjuben Truck Driver“, sowie eine Britin, die in ihre iranische Heimat fährt und ihre Liebe zu Frauen der Mutter erklärt. Darüber hinaus gibt es fünf Pionierinnen hinter der Kamera zu entdecken, die ethnografischen Filme in Afrika, Asien, Südamerika oder in der Südsee gedreht haben: Margaret Mead, Zora Neale Hurston und Jean Lydall zum Beispiel. Ein besonderes Highlight erwartet die Feminale-BesucherInnen beim Special Groupies. In sieben Filmen begleitet von Vorträgen geht es um die von Feministinnen stets verachteten Groupies. Highlight wird die Performance der amerikanischen Groupie-Künstlerin Cynthia Plaster Caster sein. Das neugegründete Frauen-Dokumentarfilm-Netzwerk wird sich am Freitag vorstellen. Britta Wandaogo ist eine der Gründerinnen und zeigt Ausschnitte aus ihrem in Burkina Faso gedrehten Film. CORNELIA GÜRTLER