Von der Raubkopie zur Kunstform

Kölner Verein unterstützt Computerfreaks, die Grafiken und Filme, so genannte „Demos“, machen. Ihr Ehrgeiz ist es, dabei möglichst wenig Speicherplatz zu nutzen – weniger, als Büropost braucht
Von Torsten Kleinz

20 Jahre lebte die „Demo“-Szene eher im Verborgenen, eine Art Untergrundkultur von Computerkünstlern. Der Kölner Verein Digitale Kultur bringt die Werke der Szene in die Öffentlichkeit und wirbt um Nachwuchs für diese unkommerzielle Spielart digitaler Kunst.

Angefangen hat es mit Raubkopien. Als in den 80er Jahren Heimcomputer die Kinderzimmer eroberten, verbreiteten sich auch Computerspiele – und damit Raubkopien. So genannte Crackergruppen entfernten den Kopierschutz von Programmen und setzten kleine Vorspänne vor die Spiele, die den Namen der Gruppe mit grafischen Effekten und Musik in Szene setzten. Diese Intros wurden mit der Zeit immer aufwändiger, und schließlich wurden sie zu einer eigenständigen Kunstform, den so genannten Demos. In den Neunzigern hatte sich eine aktive Szene herausgebildet, die sich nur mit dem Erstellen der kleinen Filme beschäftigte.

Doch die ganz großen Zeiten der Demoszene sind schon wieder vorbei: Die Mitgliederzahlen gehen zurück, statt Teenagern sitzen heute Mittzwanziger hinter den Bildschirmen. Seit 2003 kümmert sich Digitale Kultur darum, der Demoszene angemessene Aufmerksamkeit zu verschaffen. „Vor allem wollen wir aber Nachwuchs organisieren“, sagt Tobias Heim, der im Vorstand des Vereins ist.

In den 90er Jahren hatte der Student die Demogruppe Haujobb gegründet, die heute 43 Mitglieder überall in Europa hat. Seit anderthalb Jahren beschäftigt sich Heim damit, neue Kreise für die Demoszene zu begeistern. Dazu gehört auch die Demoparty „Evoke“, die einmal im Jahr in Köln stattfindet.

Diese Partys sind der Dreh- und Angelpunkt der Szene. Hier treffen sich die Mitglieder der Gruppen, die sonst über das Internet kommunizieren, und treten gegen einander in einem Dutzend Kategorien an. Eine der Disziplinen ist die „64K Compo“, bei der es darauf ankommt, die beste Demo mit gerade mal 64 Kilobyte Größe zu schaffen. Auf so wenig Speicherplatz kann der Normalmensch höchstens einen Geschäftsbrief unterbringen, den Demogruppen reicht es hingegen zu eindrucksvollen Grafikeffekten, die mehrere Minuten dauern und oft sogar kleine Geschichten erzählen.

Grafiker, Musiker und Programmierer arbeiten Hand in Hand, um die Demos zu erstellen – wer gewinnen will, muss oft mehrere Monate Arbeit investieren. Die Gruppen sind international organisiert, es ist nicht ungewöhnlich, wenn die Grafik eines Demo aus Deutschland, die Musik aus Finnland und die Effekte aus Kanada kommen.

Früher zogen die Partys fast von selbst immer neue Jugendliche an. Heute fahren Heim und seine Vereinskameraden auf Computermessen, um für ihre Sache zu werben. Besonders bei Fachleuten sorgen die Demos für Furore. Auf der Games Convention in Leipzig hatten die Kölner einen Stand mit alten Commodore 64 aufgebaut, um die Spieleentwickler anzulocken. „Dort war die Resonanz mehr als überwältigend“, sagt Heim. Bei der Jugendmesse YOU in Berlin hingegen hatten die Demoszener schlechtere Karten. Angesichts des Trubels konnten sie kaum Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Bei Firmen kommen die Werke sehr gut an. So sponsorn die Computerkonzerne Intel und ATI die Demopartys des Vereins. Auch das Kulturamt der Stadt Köln gab einen Zuschuss.

Um den Nachwuchs zu erreichen, schrecken die Demokünstler auch nicht vor den in der Szene eher verpönten Spiele-Partys zurück, wo es an sich wenig um Kreativität, dafür viel um vorgefertigte Spiele geht. So baute Digitale Kultur bei der Kölner Veranstaltung „Thunderlan“ kurzerhand eine Chill-Out-Area auf und erlebten eine Überraschung. Tobias Heim: „Teilweise hatten die Besucher dort mehr Demos auf ihrem Rechner als wir auf unserem Vorführgerät.“

www.digitalekultur.org www.demoszene.info

Fotohinweis:

Im Internet finden sich die neuesten Demo-Produktionen – wie diese von Degrysin Quelle: www.gfxzone.org