„Abchasiens Putin“ ist Moskaus Kandidat

Bei der Präsidentschaftswahl in Abchasien setzt der russische Präsident Wladimir Putin auf einen früheren Kollegen vom sowjetischen Geheimdienst KGB. Moskau erhebt weiter Anspruch auf die von Georgien abtrünnige Republik

MOSKAU taz ■ Die Schwarzmeerrepublik Abchasien wählt an diesem Wochenende einen neuen Präsidenten. Anfang der 90er-Jahre sagte sich die Republik in einem blutigen Unabhängigkeitskampf von Georgien los. Seit dem Waffenstillstand 1994 lenkte Wladislaw Ardsinba mit Moskauer Rückendeckung die Geschäfte des subtropischen Sonnenfleckens. Die zweite und laut Verfassung letzte Amtsperiode des Präsidenten endet jetzt.

Ardsinbas Bemühungen um internationale Anerkennung scheiterten ebenso wie Georgiens Versuche, mit den Abchasen einen Modus Vivendi zu finden. 250.000 Georgier flohen ins benachbarte Mutterland. Seither wachen UN-Blauhelme und so genannte russische Friedenstruppen über den Status quo.

Moskaus Interesse an einer friedlichen Lösung des Konflikts ist eher gering. Im vergangenen Jahrzehnt entwickelte sich Abchasien zum Wurmfortsatz der Russischen Föderation. Die meisten Abchasen besitzen inzwischen die russische Staatsbürgerschaft, womit Moskau offen gegen internationales Recht verstößt. Dass der Kreml weiterhin Anspruch auf die abtrünnige Republik erhebt, unterstrich auch die demonstrative Einweihung einer direkten Zugverbindung zwischen Moskau und Suchumi im Sommer. Abchasien und die ebenfalls abtrünnige Republik Südossetien im Norden Georgiens dienen dem Kreml als Hebel, um eine Konsolidierung des labilen georgischen Staatswesens zu verhindern.

Fünf Kandidaten bewerben sich um das abchasische Präsidentenamt. Wunschnachfolger Ardsinbas ist der amtierende Premierminister Raul Chadschimba. Er führt nach einer Erkrankung des Präsidenten die Geschäfte in Suchumi de facto seit langem. Seine Kandidatur wird auch vom Kremlchef Wladimir Putin unterstützt. Die Karriere des 46-jährigen Abchasen begann wie die Putins im sowjetischen Geheimdienst KGB. Unter der Ägide des „abchasischen Putin“, so der Volksmund, erlebte das Land einen kleinen Wirtschaftsaufschwung.

Chadschimbas aussichtsreichster Gegenspieler ist Sergei Bagapsch, Chef des Energieunternehmens Tschernomorenergo. Ihn unterstützen die Kriegsveteranen von 1992–93, der Gewerkschaftsdachverband und die oppositionelle Bewegung „Aitaria“. Chadschimbas Nachteil ist, dass keine einflussreiche Partei hinter ihm steht. Bagapschs „Handicap“ ist seine Frau, eine Georgierin. Sie sei ein „Sicherheitsrisiko“, verbreiten seine Gegner. KLAUS-HELGE DONATH