Das zweite Leben der Ökosteuer

Bilanz des Finanzministeriums: Die Ökosteuer war erfolgreich. Sie hat die Rentenkassen und die Umwelt entlastet. Trotzdem will Rot-Grün sie in ihrer jetzigen Form nicht erhöhen. Dafür soll das gesamte Steuersystem ökologisch umgebaut werden

VON BERNHARD PÖTTER

Bei der Debatte um eine mögliche Erhöhung der Ökosteuer nimmt der hohe Ölpreis der rot-grünen Koalition eine unpopuläre Entscheidung ab. Gestern ließen auch die Grünen durchblicken, sie würden nicht für eine Erhöhung der direkten Ökosteuer kämpfen. Denn weil die Rohölpreise derzeit die Konsumenten zum Energiesparen animieren, sieht die Ökopartei eine ökologische „Lenkungswirkung“ auch ohne weitere Anhebung der Steuer.

Stattdessen soll nach dem Willen der rot-grünen Fraktionen das Steuersystem weiter umweltfreundlich umgebaut werden. Hintergrund ist ein aktueller Bericht aus dem Finanzministerium, der eine grundsätzlich positive Bilanz der Ökosteuer zieht. Demnach hat die Ökosteuer erreicht, was sie sollte: Die Rentenkassen wurden um 17 Milliarden Euro entlastet, der Spritverbrauch sei seit 2000 jedes Jahr um zwischen 1 Prozent und 3,5 Prozent gesunken. Mittelfristig würden durch die Ökosteuer 250.000 Jobs geschaffen und weite Teile der Wirtschaft netto entlastet.

Trotzdem soll es keine weitere Erhöhung der Ökosteuer geben. Auch Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) äußerte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung seine Skepsis, weiter an der unpopulären Schraube Ökosteuer zu drehen: „Die Preise für Rohöl werden auf lange Sicht auf hohem Niveau bleiben. Deshalb sollten wir uns sehr genau überlegen, ob es sinnvoll ist, zum jetzigen Zeitpunkt die Ökosteuer weiter zu erhöhen.“

Die rot-grünen Koalitionäre verhandeln dennoch darüber, wie das Steuersystem mit anderen Mitteln ökologischer gestaltet werden soll. Die Grünen planen, umweltschädigende Subventionen wie die Eigenheimzulage, die Pendlerpauschale oder die Subventionierung des Agrardiesels zu streichen. Ebenso sollen die Ausnahmen von der Ökosteuer für die Industrie, jährlich etwa 3,5 Milliarden Euro, auf den Prüfstand. Der Mehrwertsteuersatz für die Bahn soll halbiert und dafür innereuropäische Flüge mit der vollen Mehrwertsteuer belegt werden, heißt es aus dem Büro des grünen Fraktionsvizes Reinhard Loske. Weiter steht die Umstellung der Kfz-Steuer von Hubraum auf CO2-ausstoß und die Subventionierung von Rußfiltern auf dem Programm. Mit dem eingesparten Geld wollen die Grünen vor allem das Energie-Sanierungsprogramm für Altbauten verdoppeln (das Finanzminister Eichel gerade halbieren will) und einen „Stromeffizienzfonds“ einrichten, aus dem Einsparungen finanziert werden. „Unsere Bilanz ist bei den erneuerbaren Energien sehr gut“, sagt Loske. „Bei der Energieeffizienz sind wir nur durchschnittlich, da müssen wir mehr tun.“

Grundsätzlich Zustimmung zu den Plänen kommt von Michael Müller, Umweltpolitiker in der SPD-Fraktion. Auch die SPD wolle darüber reden, wie man Subventionen abbauen und Schlupflöcher schließen könne. „Wir werden das aber nicht unter der Überschrift Ökosteuer diskutieren“, so Müller, „sondern unter der Fragestellung, was ein zukunftsfähiges Energiesystem ist.“ Auch der Umweltverband BUND beharrt nicht auf der Ausweitung der Ökosteuer in ihrer jetzigen Form. Aber eine „Pause bei der Erhöhung der Mineralölsteuer darf nicht zum Stillstand der ökologischen Steuerreform führen“, hieß es gestern.