Schily will keine Leistung von Beamten

Beim Vorschlag von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Gewerkschaften zur Beamtenbesoldung spielt die Leistung weiterhin kaum eine Rolle. Zudem wäre eine Klagewelle von heruntergestuften Beamten zu erwarten

KÖLN taz ■ Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) wurde gestern von Politikern aller Parteien und den Medien für seine Reformvorschläge zum Beamtenrecht gefeiert. Doch von einer wirklichen Reform bleibt das Eckpunktepapier, das Schily gemeinsam mit dem Deutschen Beamtenbund und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di erstellt hat, weit entfernt.

Auch der neue Vorschlag bewirkt nicht, dass Beamte zukünftig nach Leistung bezahlt werden. Denn den Plänen zufolge wird der Leistungsaspekt nur eine untergeordnete Rolle bei der Beamtenbesoldung spielen – Kern bleibt ein Basisgehalt.

Zwar soll mit der Einführung von fünf Leistungsstufen individuelle Leistung stärker als bisher berücksichtigt werden. Doch führt diese Stufenregelung nur zu temporären Ab- oder Zuschlägen – zunächst um bis zu 4, später um bis zu 10 Prozent.

Würde tatsächlich in Folge eines neuen Gesetzes ein Beamter heruntergestuft, wird sein Einkommen zudem nicht unmittelbar gekürzt. Vielmehr würde es durch geringere Gehaltserhöhungen kontinuierlich abgeschmolzen. Ein bisher ungelöstes Problem ist darüber hinaus, wie Vorgesetzte objektiv feststellen wollen, welche Leistungen in einer bestimmten Funktion zu erbringen sind. Was ist also etwa die „Normalleistung“ eines Lehrers? Alle zwei Jahre müsste Schilys Plänen zufolge ein Beamter schriftlich beurteilt werden.

Es ist vorauszusehen, dass dieses Prozedere eine Klagewelle zurückgestufter Beamter nach sich ziehen wird. Denn im öffentlichen Dienst gilt das Prinzip der Gleichbehandlung, die vor Gericht überprüfbar sein muss.

Die Umstellung auf das neue System soll „kostenneutral“ erfolgen, so heißt es. Die Anschubfinanzierung, mit der die mögliche Leistungszulage erwirtschaftet werden soll, könne über Abstriche beim Verheiratetenzuschlag erreicht werden: Der Betrag soll eingefroren werden und neu eingestellte Beamte sollen den Zuschlag nicht mehr bekommen.

Bei den neuen Plänen zur Besoldung bleibt weiterhin die Betriebszugehörigkeit ein gewichtiger Faktor. So entfallen die bisherigen Dienstaltersstufen nicht vollständig, sondern werden nur durch drei „Erfahrungsstufen“ ersetzt – mit dem selben Einkommensvolumen. Das Aufrücken in den drei Erfahrungsstufen darf den Beamten nicht verwehrt werden. Es erfolgt nach fünf, zehn und zwanzig Jahren. Nur wenn jemand mit seinen Leistungen deutlich abfällt, kann es zu Verzögerungen kommen.

Ein wirklich bemerkenswerter Fortschritt von Schilys Vorschlag ist hingegen die vorgesehene Aufgabe des Laufbahnprinzips. Zwar sollen weiterhin der jeweilige Bildungsabschluss entscheidend für den Einstieg in den einfachen, den mittleren, den gehobenen oder den höheren Dienst sein. Aber künftig soll die Grenze zwischen den Laufbahnen entfallen. Somit wird die Karriere eines Beamten zukünftig nicht mehr durch die einmal erworbene Vorbildung begrenzt.

Es war wohl das Ziel von DBB-Chef Peter Heesen und Ver.di-Chef Frank Bsirske bei den Verhandlungen mit Schily eine grundlegende Reform zu verhindern. So zeigte sich Heesen über die gefundene „Reform ohne Kahlschlag“ sehr erfreut. „Unser Modell macht Grundgesetzänderungen überflüssig, verhindert Kleinstaaterei und erhöht die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Sektors“, sagte er.

Auch Ver.di-Chef Frank Bsirske war froh. Die Einigung sei „ohne die Axt an den verfassungsmäßig geschützten Status der Beamtinnen und Beamten zu legen und ohne die Bundeseinheitlichkeit im deutschen öffentlichen Dienst zu zerschlagen“, sagte er. PASCAL BEUCKER

Vom Autor erschien gemeinsam mit Frank Überall das Buch „Die Beamtenrepublik“ (Campus Verlag)