Spiel mit dem Misstrauen Fremden gegenüber

Die Regisseurin Marina Caba Rall gewinnt mit „Last minute“ den „Horizonte“-Debütfilmpreis des Kölner Filmfests Feminale. Die Berlinerin spielt darin mit den Bildern des 11. September und den daraus erwachsenen Ängsten

Die Drehbuchautorin und Regisseurin Marina Caba Rall ist am Sonntag für ihren Film „Last minute“ mit dem mit 2.500 Euro dotierten „Horizonte“-Debütfilmpreis der Feminale ausgezeichnet worden. Die Abschlussarbeit für die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg ist nach mehreren Kurzfilmen und Dokumentationen ihr erster Langfilm. Sie befasst sich darin mit dem Misstrauen Fremden gegenüber, das sie selbst erlebt hat.

Als Tochter eines spanischen Vaters und einer deutschen Mutter habe sie sich lange zwischen beiden Kulturen hin und her gerissen gefühlt, erzählt Caba Rall. Im Alter von zehn Jahren kam sie nach der Trennung der Eltern nach Deutschland. Die Sprache habe sie erst hier gelernt, denn „meine Mutter spricht sehr gut spanisch.“ Seither war diese Zerrissenheit da. „Das ist jetzt nicht mehr so stark“, so Caba Rall. Berlin ist schon lange ihre Heimat. Dort lebt die 40-Jährige mit ihrem Partner und dem dreijährigen Sohn. Dennoch: „Ich fühle mich als Spanierin und als Deutsche.“ Daher sei sie überrascht gewesen, als sie bemerkte, dass sich ihre bisherigen Filme alle mit deutsch-internationalen Themen beschäftigen.

„Last minute“ erzählt vom Aufeinandertreffen dreier sehr unterschiedlicher Menschen, ihrer Wünsche und Nöte. Da ist die Mittvierzigerin Heike Eggert (Petra Kleinert), die von ihrem Leben mit Ehemann und zwei Kindern genervt ist und von Mallorca und braungebrannten Männern in knappen Badehosen träumt. Seit zwanzig Jahren arbeitet sie als Reinigungskraft auf dem Flughafen und hat wenig Lust, an diesem Morgen die junge, vorbestrafte Nina Winter (Katharina Schmalenberg) einzuarbeiten, die diesen Job vom Arbeitsamt aufgezwungen bekam. Nina hat an diesem Morgen erfahren, dass sie schwanger ist. Sie will das Kind so bald wie möglich los werden.

In der Besenkammer finden die beiden Frauen den mit Handschellen gefesselten Kurden Kawa (Ercan Durmaz). Kawa wird von der Polizei gesucht. Der Flughafen ist abgeriegelt. Er behauptet, ungerechtfertigterweise in die Türkei abgeschoben zu werden und dort als Kurde von Folter bedroht zu sein. Während Nina dem Fremden glaubt, ist Heike von Vorurteilen und Klischees zerfressen – ist er vielleicht gar ein Terrorist? Sie will den Mann am liebsten der Polizei ausliefern.

„Der Film spielt mit den Bildern des 11. September 2001 und dem Misstrauen Fremden gegenüber“, beschreibt Caba Rall ihren Film. Es sei ein Streifen für ein deutsches Publikum, das in Petra Kleinerts Heike eine Identifikationsfigur finden könnte. „Heike ist ein bisschen unsympathisch, aber herzig.“ Heike relativiere ihre Meinung im Laufe des Films. Gleichzeitig sei Kawa ein Kurde, der nicht nur Opfer ist. Alle würden vom Aufeinanderprallen lernen. Diese Möglichkeit der Veränderung im Leben sei es, was ihr wichtig ist, sagt Caba Rall.

Sie selbst hat diese Veränderung in ihrem Leben bereits festgestellt. Auf die Frage nach ihrem nächsten Projekt muss sie lachen. „Ich habe jetzt mal einen Stoff, der ist rein deutsch, das hat mich selbst gewundert.“

Zuvor wird sie aber noch mit „Last minute“ mehrere Festivals besuchen. Als nächstes stehen das Independent Film Festival in Brüssel und das Kurdische Film Festival in London an. Die Jury in Köln entschied sich am Sonntag schnell für Caba Ralls Beitrag. „Im Vergleich zu anderen aufwändigeren Produktionen“ sei ihr mit wenig Geld sehr viel gelungen, so die Begründung.Sandra Pingel

„Last minute“ ist am 11. November um 23 Uhr in der ARD zu sehen.