prêt-à-porter
: Der Sommer wird ein leichtes Spiel

Floral ist überall. Denn die Blume im nächsten Jahr kommt als ein Pulk von Blüten daher

All die Aufgeregtheiten: vorüber. Am Montag gingen in Paris die Prêt-à-porter-Schauen in Paris zu Ende. Und was ist geblieben? Ein seidig-schwingendes Spiel mit Volumen. Warum denn gar kein Tweed in der Kollektion auftauche, wollte eine Journalistin von Vivienne Westwood wissen. Nun, Tweed sei ja weniger ein Sommermaterial, entgegnete Westwood gedehnt. „I’ve had enough“, sagte sie kurz darauf ihrer Pressedame: „No more questions“. Dabei ist die Frage nach dem Tweed vielleicht gar nicht so nebensächlich, wenn man sie als Frage nach dem Kostüm versteht. Denn gäbe es nicht jede Menge feste, dennoch leichte Materialien, aus denen sich – um das Tweedkostüm dieses Winters weiterzutragen – kleine, knappe Sommerrüstungen schneidern ließen? Doch nichts davon, fast nichts. Der Sommer 2005 wird ein leichtes Spiel.

Da sind Tendenzen. Bei den Farben Fuchsia und Limone, Türkis und Altrosa, oft wie pudrig überzogen. Wenn Hosen, dann Capri oder kurze Shorts, doch auch die Herrenhose mit großzügigem Bein – mal sitzt sie, mal ist sie mit hängendem Schritt auf die Hüfte gezogen. Die Muster! Floral fast überall. Doch die Blume im nächsten Jahr ist ein Pulk von Blüten. Oder ein fragiler, gewunden langer Stil mit dem Kelch im Profil. Die Röcke: mittellang fast alle. Aber wie unterschiedlich sind die Formen! Ballonröcke, Tulpenförmiges, wippend Ausgestelltes. Biesen, Plissiertes, Falten diverser Art. Über den Röcken die schmale Taille. Und die Bluse? Schafft sie es in den Sommer?

Ja – und nein. Als Form zwar schon, wenn auch nicht als dominierendes Oberteil. Doch wer die Bluse als Chiffre eines karg-pragmatischen Lebenskampfes begreift: oh nein. Da sind keine Blusen. Da sind geknöpfte, seidige Dinger. Sie bauschen sich vom Körper weg, sie spielen sich an ihn heran in Schilfgrün und Mauve, in Beerentönen. „Stoffe, die über die Haut gleiten, vermitteln dem Betrachter ein starkes Gefühl davon, wie sie sich für denjenigen, der sie trägt, anfühlen“, so schreibt die Kunstwissenschaftlerin Anne Hollander. Mitfühlen mit der Seidenträgerin: Für den Betrachter sind die Entwürfe für den Sommer 2005 eine Übung in Empathie. Für die Trägerin sind sie ein Vergnügen.

Gilt das auch für die beschwingte, aufgeräumte Weiblichkeit? Marc Jacobs hatte die Blusenfrage aufgeworfen. Und was ist in seiner Kollektion für Louis Vuitton zu sehen? Eine weiße, kurzärmlige Rundkragenjacke mit überdimensionalen Knöpfen; unter dem Rock schaut Tüll hervor. Die Handtaschen schwarz, mit roten Kirschen darauf und bisweilen geräumig wie Übernachtungsköfferchen. Gepunktetes und Florales verschiedenster Farbgebung, seidig Muster an Muster kombiniert. Es gibt monochrome Outfits, doch auch die kommen dahergelaufen wie ein Knall. Und da, die Bluse: Eng ist sie, eng und puderrosa, mit gebauschten Ärmeln und der Schleife am Hals. Dazu trägt man den roten Rock, schwingend weit mit Glitzerband und in der Hand die kleine Krokodillederne in Pink. „It’s just about having fun with the clothes“, sagte Jacobs. Ist das noch der Mrs.-Thatcher-Appeal? Wohl kaum.

„Happy distraction is what feels right now“, strafte die Women’s Wear Daily Junya Watanabes „verdrießliche“ Mode ab. Was die Mode heute spiegelt, ist die Sehnsucht. Vorbei die Zeiten, in denen das, was sich „richtig anfühlte“, immer auch dem Verdacht unterlag, einfach das Überkommene zu sein. Was heute überrascht, ist, wie unverfroren man sich von ihm leiten lässt. Heitere Zerstreuung also. Die Mode darf, ja, sie soll entführen. So war sie vor allem tragbar bei diesem Prêt-à-Porter. Es gelte, ein „Gleichgewicht zwischen Realität und Glamour“ zu finden, sagte Valentino. Er griff zu warmen Tönen: Streifen oder Mohnblüten, in Sand und Orange gehalten. Sportlich ein seidig-grauer Blouson zum Rock getragen. Stefano Pilati hingegen, der Tom Ford als Chefdesigner ablöst, zeigte in seiner ersten Kollektion für Yves Saint Laurent viel Gepunktetes. Breite Gürtel mit quadratischer Silberschnalle betonen schmale Taillen. Das schmale, gelbe Jerseyshirt; der Rock dazu ein nach unten hängender Kelch mit vier großen Knöpfen. Ein wolkig-gebauschter Torso in Taubenblau: zu faszinierend, um schrecklich zu sein.

Was für ein Material! Es lässt sich einiges machen aus der schwingenden, charmanten Rüstung der Anmut und Jugendfrische. Heiterkeit und Sehnsucht schließlich sind nicht die schlechtesten aller Befindlichkeiten. Für die Mode des kommenden Sommers gilt es also die Haltung noch zu finden. Aber dafür ist ja ein langer, bitterkalter Winter Zeit. KATRIN KRUSE