hans-olaf henkel und die penetranz des patrioten von WIGLAF DROSTE
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Zwei Substantive, verbunden durch Genitiv, machen einen Hans-Olaf Henkel: „Die Macht der Freiheit“ hieß das erste Werk des Ex-BDI-Präsidenten, dem er „Die Ethik des Erfolgs“ hinterherfeuerte. Sein drittes, just erschienenes Buch trägt den Titel „Die Kraft des Neubeginns“. Man hört es schon, wenn er anklopft: Hans-Olaf Henkel ist ein Mann der dicken Wörter. Bollern muss es, sonst ist es kein Henkel.

Als Bild im September Henkels Neubeginnskraft in Auszügen druckte, bekam Henkel dort den Kosenamen „Deutschlands klügster Manager“. Einer der umtriebigsten zumindest ist er, sorgt sich auch gern ganz entsetz- und öffentlich um Deutschland, und wenn er über seine Mutter schreibt, nennt er sie fast ausnahmslos „Mutti“.

Deutschlands sentimentalster Scharfmacher wird getragen von patriotischen Aufwallungen, an deren Spitze er sich sieht und setzt. Nachdem linker Kitsch lange Konjunktur hatte, ist nun der rechte Kitsch dran. Auf diesem Gebiet ist Henkel kompetent. Seine Begrifflichkeit entstammt dem Wörterbuch des neorechten Gutmenschen. Allein auf den ersten 18 Zeilen seines Vorworts gelingt es Henkel, „Heimatliebe“, „Liebe zum eigenen Land, auf das man stolz ist“, „Patriotismus“ und „Bekenntnis zur Heimat“ unterzubringen. Das klingt nach einem Mann, der keine Angst davor hat, sein Publikum durch hartnäckige Wiederholung zu langweilen, und so ist er ein paar Zeilen weiter auch schon wieder bei seinem Thema: „das eigene Land nicht lieben zu dürfen“ hat Henkel fertig gemacht, und wir müssen das erfahren.

Henkels Phrasenkatalog bietet das Erwartbare und Vorhersehbare. Wenn der Satz „Seit Jahrzehnten hat sich Deutschland in eine Sackgasse manövriert“, geschrieben ist, kommt der Relativsatz dazu vollautomatisch aus dem Schreibprogramm von IBM: „aus der es keinen Ausweg zu geben schien.“ Denn wo eine Sackgasse ist, da ist auch kein Ausweg, so ist es geregelt. Aus den Versatzstücken „Amtsantritt“, „Bann“, „Deutschland“, „Heimat“, „Horst Köhler“ und „Paradigmenwechsel“ basteln Hans-Olaf und sein Computer: „Den Bann, der über Deutschland lastete, hat Horst Köhler gebrochen und mit dem Bekenntnis zur Heimat, das er bei seinem Amtsantritt ablegte, einen Paradigmenwechsel eingeleitet.“

Hans-Olaf Henkels Dauerregenprosa hat alle Reize der Redundanz zu bieten, aber keinen Gedanken. „Deutschland ist machbar“, ruft Henkel in Ketzerpose, als gebe es eine nennenswerte Zahl von nicht Gehirngewaschenen, die seinem Jubelgekäse widersprächen. Henkels Simulation des „J’accuse!“ ist das Pendant zur anderen motivationsküchenpsychologischen Latrinenparole, „Zukunft ist möglich“ – die vom Henkelmann Matthias Horx mit Erfolg ausgeschenkt wird, weil auch unsere Experten aus der Wirtschaft ihr Heil längst bei esoterischen Papageien suchen.

Hans-Olaf Henkel empfängt nicht, Hans-Olaf Henkel sendet, non-stop, auf Autopilot. Der Mann ist jetzt 64, er ist aggressiv missionarisch, Tendenz steigend, seine Zukunftsprognose ist düster: Jeden, dessen er habhaft werden kann, petert er voll. Er wird weiter predigen, in Bild, bei Christiansen-TV – und als Autor von Büchern, für die Gutenberg nicht gestorben ist.