US-kubanischer Impfstoff-Deal

Ein kubanisches Forschungsinstitut hat mehrere Erfolg versprechende Impfstoffe gegen Krebs entwickelt. Das amerikanische Unternehmen CancerVax soll sie jetzt vermarkten. US-Regierung segnete das ungewöhnliche Geschäft bereits ab

Die Patienten werden nicht geheilt, können aber lernen, mit dem Krebs zu leben

VON KNUT HENKEL

Als historischen Schritt feierte die kubanische Presse den Kooperationsvertrag zur Weiterentwicklung und Vermarktung von Krebsimpfstoffen zwischen dem Institut für Molekularimmunologie (CIM) und der in Kalifornien ansässigen CancerVax Corporation. Ziel der Vereinbarung, die vom US-Schatzministerium abgenickt wurde, ist es, mehrere Impfstoffe zur Marktreife weiterzuentwickeln und international zu vertreiben.

Für die Kubaner ist dies ein guter Deal, denn beim Vertrieb hapert es noch. Drei Impfstoffe, die das Wachstum von Krebszellen in Lunge, Brust, Prostata und Eierstöcken bremsen sollen, hat das in Havanna ansässige Forschungsinstitut CIM in den letzten Jahren entwickelt. Die klinischen Tests, die in Kuba begonnen wurden, sollen nun in den USA zu Ende geführt werden.

Als sehr gut bezeichnet CancerVax die bisherigen Testergebnisse des Impfstoffs gegen Lungenkrebs. Von den meisten Patienten sei SAI-EGF, so der Name des Impfstoffs, gut vertragen worden. Das Wachstum der Metastasen werde gehemmt, erklärte CancerVax anlässlich des in Anwesenheit von Fidel Castro im Juli unterzeichneten Vertrages.

David Hale, Präsident von CancerVax, ist begeistert vom „Potenzial der brillanten kubanischen Produkte“. Die sollen die Krebstherapie nach vorne bringen. Ansatzpunkt der kubanischen Forscher ist das Immunsystem und dessen Funktionsweise. Über die kubanischen Präparate wird es stimuliert, das Wachstum der Tumore hingegen wird blockiert.

In den letzten zehn Jahren war das CIM vor allem in der Grundlagenforschung aktiv. Spezialisiert hat sich das Institut auf Krebstherapien und Erkrankungen, die auf eine Immunschwäche zurückzuführen sind. Neue Präparate, die eine Abwehrreaktion des Immunsystems bei Transplantationen verhindern sollen, sind in den letzten Jahren genauso entwickelt worden wie die so genannten Molekularimpfstoffe gegen Tumore.

Den Metastasen, so José Enrique Montero vom CIM gegenüber der kubanischen Zeitung Granma, werde die Grundlage für ihre Ausbreitung entzogen. Die Patienten werden nicht geheilt, können aber lernen, mit dem nun nicht mehr lebensbedrohlichen Krebs zu leben.

Ein immenser Fortschritt für den amerikanischen Krebsspezialisten Professor Donald Morton. Er war seit einem Kubabesuch 2001, bei dem er sich ein Bild der Forschungsarbeit im CIM machen konnte, die treibende Kraft hinter dem Vertrag zwischen Kuba und der CancerVax Corporation. Der beinhaltet den Vertrieb der Impfstoffe für die USA, Europa und Japan, während die Kubaner den Rest der Welt selbst beliefern können. Bis zu 35 Millionen US-Dollar darf das US-Unternehmen dem kubanischen Partner im Einklang mit dem US-Handelsembargo in Form von Lebensmitteln und medizinischem Equipment dafür zahlen. Weitere sechs Millionen US-Dollar können in den nächsten drei Jahren in der Phase der klinischen Tests ausbezahlt werden.

Für die Kubaner ein lohnender Deal, da zudem vertraglich fixiert sei, die Produktionsprozesse in beiden Ländern aufeinander abzustimmen, meint CIM-Direktor Agustín Lage.

Know-How bei Vertrieb und Produktion müsste demnach auch nach Kuba fließen, sodass aus dem Technologietransfer von Süd nach Nord, als den die Politik in Kuba die Kooperation darstellte, auch einer von Nord nach Süd wird.