Asylgesetz gekippt

Österreichisches Verfassungsgericht hebt neue Asylgesetze teilweise auf. Innenminister zetert

WIEN taz ■ „Österreich wird zur bevorzugten Destination für Asylwerber werden“, raunzte der österreichische Innenminister Ernst Strasser von der konservativen Volkspartei ÖVP, als der Verfassungsgerichtshof gestern entscheidende Passagen des neuen Asylgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit aufhob. Man müsse schon sehen, dass die Verfahren jetzt länger dauern und teurer würden, ergänzte der Minister, der seine Herzensangelegenheit, die beschleunigte Abschiebung von Asylwerbern, bedroht sieht. Das höchste Gericht, das von den Ländern Wien und Oberösterreich sowie vom Unabhängigen Asylsenat eingeschaltet worden war, gab jenen Organisationen Recht, die das seit Mai geltende Gesetz im Widerspruch zu den Flüchtlingskonventionen sehen. Aufgehoben wurde die Bestimmung, die die Abschiebung während eines laufenden Berufungsverfahrens erlaubt. Auch dass jemand, der einen zweiten Asylantrag stellt, automatisch in Abschiebehaft kommt, ist nicht zulässig.

 Das Neuerungsverbot, das das Vorbringen neuer Gründe in der zweiten Instanz verbietet, wurde zwar nicht aufgehoben, doch wurden die Ausnahmebestimmungen, die bisher für medizinisch belegbare Traumatisierung galten, auf jede Art von Traumatisierung erweitert.

 Das Asylgesetz reiht sich damit in eine Serie von Reformvorhaben der Regierung ein, die im Eiltempo gegen die Proteste der Opposition beschlossen wurden und dann dem Urteil der Verfassungsrichter nicht standhielten. Die Grünen, die sich in ihrer Kritik bestätigt sahen, bezeichneten den Spruch des Verfassungsgerichtshofes als richtungweisend. Die Menschenrechtsorganisation „Asyl in Not“ fordert die Absetzung des Innenministers.

 An einer anderen Front muss Strasser gegen einige Bundesländer kämpfen, die ihre Verpflichtung, eine Quote von Flüchtlingen unterzubringen, nicht erfüllen. Nachdem Mitte der Woche ein Trakt des mit 1.700 Personen ohnehin überfüllten Flüchtlingslagers Traiskirchen bei Wien wegen feuerpolizeilicher Rügen und hygienischer Mängel für unbewohnbar erklärt wurde, müssen täglich 50 Flüchtlinge verlegt werden. Vor allem Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider weigert sich, die Asylwerber aufzunehmen. RALF LEONHARD