Häuslebauer sind bald auf der Flucht

Der Bundestag beschließt heute die völlige Abschaffung der Eigenheimzulage schon zum nächsten Jahreswechsel. Das Geld soll in die Bildung fließen. Doch in der Länderkammer droht dem Projekt das Aus: Die Union fürchtet verunsicherte Verbraucher

AUS BERLIN ULRIKE HERRMANN

Es geht um sechs Milliarden Euro, die landläufig unter dem Titel „Eigenheimzulage“ firmieren. Dieses Geld will SPD-Finanzminister Hans Eichel ab 2005 komplett streichen. Ein entsprechendes Gesetz hat das Kabinett längst abgesegnet, heute will die rot-grüne Mehrheit das Vorhaben im Bundestag verabschieden.

Allerdings kann das Parlament nicht allein entscheiden. Wie meist bei Steuerfragen ist auch der unionsdominierte Bundesrat zu befassen. CDU und CSU haben jedoch angekündigt, dass sie bei der Eigenheimzulage nicht weiter streichen wollen. Schließlich habe man die Subvention für Häuslebauer doch gerade erst im letzten Jahr gekürzt – um 30 Prozent.

Damals wurden etwa die Einkommensgrenzen gesenkt. Nur wer jährlich weniger als 70.000 Euro (Ehepaare 140.000 Euro) verdient, kann noch gefördert werden. Pro Kind erhöht sich die Grenze um 30.000 Euro. Altbauten werden jetzt wie Neubauten bezuschusst. In beiden Fällen gibt es aber nur noch 1.250 Euro jährlich, pro Kind kommen weitere 800 Euro hinzu. Die Förderung läuft acht Jahre lang. Eine Familie mit zwei Kindern kann also insgesamt mit 22.800 Euro an Zuschüssen rechnen.

Die Eigenheimzulage ist eine Subvention nach dem Prinzip Gießkanne. Jeder Bauherr erhält sie in gleicher Höhe – ob das Häuschen nun fern der Städte oder in überteuerten Ballungsgebieten entstehen soll. Im Verhältnis zu den Gesamtkosten bekommen Familien auf dem Lande also den höchsten Anteil vom Staat. „Gefördert wird nur die Zersiedelung“, moniert etwa der Berliner Mieterverein.

Der ungewünschte Lenkungseffekt ist auch den Parteien aufgefallen. Daher gilt neuerdings, dass Altbauten wie Neubauten gefördert werden. Allerdings konnte der Berliner Mieterverein bisher nicht erkennen, dass sich deswegen mehr Käufer für einen Altbau entscheiden. „Der Trend geht immer noch zum Häuschen auf der grünen Wiese.“

Die Innenstädte hingegen leeren sich weiter, besonders im Osten, wo bereits etwa eine Million Wohnungen unbewohnt sind. Das zieht neue Subventionen nach sich, wie der Mieterverein kritisiert. „Die entleerten Städte müssen dann mit öffentlichen Mitteln belebt werden.“

Dieses Subventionskarussell wäre allerdings so schnell gar nicht anzuhalten. Selbst wenn die Eigenheimzulage ab 2005 komplett gestrichen würde, liefen die Altverträge unverändert weiter. Daher würden Bund und Länder im ersten Jahr nur rund 223 Millionen Euro sparen. Bis zum Jahr 2012 stiegen die staatlichen Mehreinnahmen dann schrittweise auf schließlich sechs Milliarden Euro jährlich.

Finanzminister Eichel gibt sich zuversichtlich, dass er dieses Geld kassieren kann. Er prophezeite der Union, sie werde „die Ablehnung in diesem Jahr nicht mehr durchhalten“. Um eine Blockade im Bundesrat zu erschweren, soll die gestrichene Eigenheimzulage nicht in den Sparhaushalt fließen – sondern in Bildung und Wissenschaft, also „in die Köpfe der Menschen“.

Die Union kontert, dass die ständige Diskussion um die Eigenheimzulage die Wähler verunsichere. Diesen Effekt beobachten auch die Verbraucherzentralen. Bis Neujahr sind kaum noch Beratungstermine zum Thema Hausbau zu bekommen.

Wie bei vielen innerdeutschen Streitthemen könnte es sein, dass am Ende die EU entscheidet. Im Juli hat die Europäische Kommission beim Europäischen Gerichtshof gegen die Eigenheimzulage geklagt. Sie benachteilige all jene deutschen Steuerzahler, die im grenznahen Ausland ein Haus kaufen wollen. Allerdings rechnen Experten mit einem Urteil erst frühstens in zwei Jahren.