Zuckersieg mit bitterer Folge für arme Länder

Die Entscheidung des WTO-Schiedsgerichts gegen die EU könnte den kleineren Produzenten Einbußen bringen

GENF taz ■ Die Entscheidung eines Schiedsgerichts der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die von der Europäischen Union gezahlten Zuckersubventionen ist von Brasilien, Australien und Thailand als großer Sieg gefeiert worden. Zahlreichen kleineren Zuckerproduzenten und Exporteure aus Afrika, der Karibik und der Pazifikregion (AKP-Staaten) sowie für Indien dürfte die Entscheidung allerdings erhebliche Nachteile bringen.

Das WTO-Schiedsgericht hatte in der vergangenen Woche der gemeinsamen Klage von Brasilien, Indien und Thailand in sämtlichen Punkten Recht gegeben. Danach hat die EU seit 1995 ihre in WTO-Abkommen festgelegte Zuckerexportquote jedes Jahr erheblich überschritten.

Neben diesem Verstoß monierte die WTO auch die Höhe der Subventionszahlungen an die Produzenten im EU-Raum sowie die Festsetzung sehr hoher Minimalverbraucherpreise für die Konsumenten in den EU-Staaten. Sie betragen das Drei- bis Vierfache des Weltmarktpreises. Diese Praktiken führe zur Überproduktion und zur verbotenen „Quersubventionierung“ der Zuckerexporte, entschied die WTO. Denn dank der hohen Preise auf dem EU-Binnenmarkt könnten es sich die Hersteller leisten, ihre Überschussproduktion erheblich unter Weltmarktpreisniveau zu exportieren – zum Nachteil anderer Großexporteure wie Brasilien, Australien und Thailand. Doch die EU, die Einspruch gegen das WTO-Urteil angekündigt hat, bestreitet, die erlaubten Exportquoten überschritten zu haben. Denn sie zieht von ihren jährlichen Gesamtexporten 1,76 Millionen Tonnen Rohzucker ab, die die AKP-Staaten und Indien pro Jahr zu Vorzugsbedingungen in die EU importieren dürfen. Dieser Zucker würde praktisch reexportiert und dürfe daher nicht unter die WTO-Quote angerechnet werden, argumentiert Brüssel.

Bei der Vereinbarung der WTO-Exportquoten hatte die EU in einer Fußnote eine entsprechende Ausnahmeregelung für sich in Anspruch genommen. Diese Fußnote sei rechtlich nicht relevant, befand das Schiedsgericht. Sollte seine Entscheidung von der Berufungsinstanz bestätigt werden, müsste die EU ihre bisherige Praxis bis zum Jahr 2007 einstellen. Das würde auch das Ende der Vorzugsbedingungen für Zuckerimporte aus AKP-Staaten und Indien bedeuten. Einer der hauptbetroffenen Länder wären die Fidschiinseln, auf denen rund 200.000 Menschen vom Zuckerexport leben.

Die WTO-Entscheidung sorgt daher für große Unruhe auf Fidschi. Premierminister Laisenia Qarase suchte sein Parlament letzte Woche mit der Mitteilung zu beruhigen, die EU-Kommission habe ihm finanzielle Unterstützung zugesagt für den Fall, dass die EU ihre Vorzugsbedingungen für Zucker aus Fidschi und anderen AKP-Staaten tatsächlich aufheben sollte.

ANDREAS ZUMACH