Eine Notbremse für den Lkw-Verkehr

Umweltbundesamt fordert eine Verdoppelung der Mautgebühr bis 2010. Ansonsten nehme der Güterverkehr auf der Straße dramatisch zu. Schienentransporte verbrauchen nur ein Fünftel der Energie. Auch Frachtschiffe sind besser für die Umwelt

AUS BERLIN BEATE STRENGE

Das Umweltbundesamt (UBA) fordert eine Verdoppelung der geplanten Mautgebühr bis 2010, um den steigenden Güterverkehr auf der Straße einzudämmen. Außerdem solle die Maut auch für Fernstraßen außerhalb der Autobahn gelten. „Die Prognose für den Güterverkehr ist alarmierend“, sagte der Vizepräsident des Umweltbundesamtes, Thomas Holzmann, gestern bei der Vorstellung der umweltökonomischen Gesamtrechnungen 2004 zum Thema Verkehr und Umwelt.

In ihrer Nachhaltigkeitsstrategie will die Bundesregierung den Lkw-Verkehr bis 2020 um 5 Prozent gegenüber 1999 mindern. Ohne zusätzliche Maßnahmen werde die Regierung aber ihr Ziel „dramatisch verfehlen“, sagte Holzmann. Stattdessen werde mit der geplanten Maut von durchschnittlich 12,5 Cent pro Kilometer der Lastverkehr auf der Straße bis 2020 um 6,5 Prozent zunehmen. Mit der doppelten Gebühr könne man das Wachstum zwar nicht ganz verhindern, aber auf etwa 3 Prozent drücken. Die Schiene könne ihren Transportanteil halten oder leicht ausbauen. Bis 2015 könne der Bahnanteil am Güterverkehr um 1,8 Prozent auf 14,3 Prozent steigen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Bahn ihre Infrastruktur entsprechend ausbaue.

Der Transport auf dem Wasser und auf der Schiene habe eine enorm bessere Umwelteffizienz. Auf der Schiene brauche eine Tonne Ladung nur ein Fünftel der Energie wie auf der Straße, sagte Holzmann. Ein Zurückdrängen des Lkw-Verkehrs habe keine negativen, sondern letztlich positive Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, besagt eine Studie, die die Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (gws) im Auftrag des Statistischen Bundesamtes und des UBA erarbeitet hat. Die Mehreinnahmen des Staates durch die Maut könnten für eine bessere Verkehrsinfrastruktur der Bahn verwendet werden, die zu mehr Beschäftigung und einem höheren Bruttoinlandsprodukt führten. Die Mautgebühren durch den Transit-Lkw-Verkehr könnten zum Schuldenabbau im Haushalt dienen, heißt es in der Studie.

Das Umweltbundesamt fordert zudem die Einführung einer Kerosinsteuer für den Flugverkehr. Falls mit den Einnahmen – wie bereits bei der Ökosteuer – die Lohnnebenkosten gesenkt würden, könnten so etwa 60.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Eine Kerosinsteuer könne dazu beitragen, die Emissionen des Treibhausgases CO2 um 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr zu senken. Zudem solle die Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden Flugverkehr eingeführt werden und der Mehrwertsteuersatz bei der Bahn von 16 auf 7 Prozent gesenkt werden. Durch eine solche Maßnahme gewinne nicht nur die Umwelt, sondern auch der Staat. Die Mehreinnahmen könnten in den Schuldenabbau fließen, empfiehlt die Studie.

Der Fahrgastverband Allianz pro Schiene nahm die Ergebnisse der Studie zum Anlass für eine Kritik an der Bundesregierung. „Stolpes Verkehrspolitik versagt angesichts der verkehrspolitischen Ziele, die sich Rot-Grün selbst gesteckt hat“, heißt es in einer Erklärung des Bündnisses, dem 17 gemeinnützige Verbände aus den Bereichen Umwelt, Verbraucher und Arbeit sowie 53 bahnnahe Unternehmen angehören.

Allerdings ist eine Erhöhung der Maut auf über 15 Cent pro Kilometer derzeit nach EU-Recht nicht möglich, auch nicht eine beliebige Ausweitung auf das gesamte Straßennetz. Zwar wird die entsprechende EU-Richtlinie dazu derzeit überarbeitet. Doch die Länder an Europas Außengrenzen haben ein Interesse daran, dass die Mautgebühr niedrig bleibt.