kuckensema: Auf Bremens Leinwänden
: Fast ein Dogma-Film über die Liebe zweier israelischer Soldaten: „Yossi & Jagger“ von Eytan Foy

Der Krieg wird im Kino fast ausschließlich als aufregendes Drama dargestellt – sei es als Actionspektakel oder als Menetekel. Den Alltag im Krieg haben Filmemacher bisher kaum gezeigt. Doch weil in Israel der Kriegszustand ja schon seit langem alltäglich ist, scheint es nur konsequent, wenn der Regisseur Eytan Foy sich in seinem Film „Yossi & Jagger“ auf das ganz normale Leben in einem Camp an der Grenze zum Libanon konzentriert.

Eine Gruppe von jungen Männern und Frauen ist dort stationiert, und diese sind typische 20-jährige unserer Zeit, wie man sie bei uns in der Disco oder Mensa finden würden, und die abgesehen von ihren Uniformen überhaupt nicht militärisch wirken. Ihre Umgangsformen sind zivil, sie mögen Techno und Sport, einige gehen esoterischen Neigungen nach, andere machen Witze, kochen gerne oder verlieben sich ineinander. In der schneebedeckten Hügellandschaft laufen sie in dicken Wintersachen umher, und ihr Camp ist ein in die Erde eingegrabener Fertigbau aus Blech und Plastik. Eytan Foy fängt mit seiner betont kunstlosen Inszenierung die Atmosphäre in dieser Gruppe authentisch ein.

Der Kompaniechef Yossi und sein Gruppenführer Lior sind ein Paar. Weil Lior so attraktiv wie ein Popstar ist, nennen ihn alle „Jagger“ und eine der Frauen in der Station verliebt sich in ihn. Die beiden Männer halten ihre Liebe vor der Gruppe geheim, und davon, wie sie mit dieser Konfliktsituation umgehen, erzählt „Yossi und Jagger“ die meiste Zeit, wobei der Konflikt aber nie dramatisch wird und Film jede melodramatische Zuspitzung peinlichst vermeidet. Die beiden sind halt vorsichtig, sie küssen und umarmen sich nur bei ihren gemeinsamen Patrouillegängen, aber es scheint auch nie so, als wäre etwa ihre Karriere in Gefahr, wenn ihr Geheimnis entdeckt würde.

Und so bewegt sich der Film auch nicht auf das gängige „Coming Out“ hin. Yossi und Jagger gehen pragmatisch den Weg des geringsten Widerstandes, und Eytan Fox respektiert diese Entscheidung. In seinem Film gibt es keinen homophoben Widersacher, keinen zackigen Militaristen, und tuntig ist Jagger nur, wenn er sich mit seinem Geliebten im Schnee wälzt und dabei einen Schlager trällert. Fox verzichtet völlig auf jede dramaturgische Überhöhung des Konfliktes: Seine Protagonisten sind sympathisch, werden aber nie zu Helden stilisiert. Nichts wird geschönt, und die Schauspieler scheinen die Dialoge oft zu improvisieren. Es gibt zwar eine dezent dahinplätschernde Filmmusik, aber davon abgesehen folgt „Yossi & Jagger“ recht genau dem Reinheitsgebot der Dogmafilme. Eytan weiß auch, dass er hier eher eine Kurzgeschichte als einen Roman erzählt, und so ist sein Film mit 67 Minuten angenehm kurz.

Am Schluss bricht dann doch der Krieg in den militärischen Alltag ein. Bei einem nächtlichen Manöver explodieren plötzlich Minen und dabei kommt Jagger zu Tode. Aber auch dabei hält Foy eine seltsame Distanz. Er zeigt zwar die Verzweiflung von Yossi sowie der in Jagger verliebten Soldatin und beide Darsteller spielen sie auch intensiv und glaubwürdig, aber dennoch bleibt man als Zuschauer eigentümlich unbeteiligt. Auch das Sterben gehört zum Alltag des Kriegzustandes, scheint der Filmemacher damit sagen zu wollen, und die Liebe, egal ob hetero- oder homosexuell, kann von ihm ganz beiläufig weggewischt werden. Wilfried Hippen

„Yossi & Jagger“ wird in der Originalfassung mit Untertiteln von Freitag bis Dienstag um 20.30 Uhr im Kino 46 gezeigt