Mit Sicherheit eine Nullrunde bei Volkswagen

Kompromiss bei den Tarifverhandlungen: 28 Monate keine Lohnerhöhung, dafür gibt es eine Beschäftigungsgarantie

WOLFSBURG taz ■ Die 103.000 Beschäftigten der sechs westdeutschen Volkswagenwerke sollen 28 Monate keine Lohnerhöhung erhalten. Dafür will das Unternehmen bis 2011 betriebsbedingte Kündigungen ausschließen. Auf diesen Kompromiss einigten sich die IG Metall und die Konzernleitung gestern nach sechswöchiger Verhandlungsdauer. Die Nullrunde gilt rückwirkend ab Oktober. Vereinbart wurde eine Einmalzahlung in Höhe von 1.000 Euro in 2005.

Wer bei VW neu anfängt, wird weniger verdienen als die bisher Beschäftigten. Dafür muss ein neues Vergütungssystem entwickelt werden, das im März nächsten Jahres vorliegen soll. Das Lohnniveau für die neuen Mitarbeiter soll auf der Höhe des jetzigen Metall-Flächentarifvertrages liegen – also unter dem VW-Haustarif. Für die jetzigen Mitarbeiter wird das Entgeltsystem stärker auf Leistung ausgerichtet. Zudem wird weniger für Überstunden ausgegeben.

Die Regelungen zur Altersteilzeit bleiben bestehen. Mit einer so genannten demografischen Arbeitszeit soll Mitarbeitern nach Auslaufen des Altersteilzeitgesetzes ein vorzeitiges Ausscheiden weiterhin möglich sein. Auch für Auszubildende ändert sich etwas: Sie bekommen weniger Geld. Volkswagen wird nicht mehr alle Azubis übernehmen, sondern nur noch 85 Prozent. 15 Prozent sollen aber von der VW-Tochter AutoVision übernommen werden. Zudem will die AutoVision jährlich zusätzlich 185 Auszubildende einstellen.

Beide Seiten lobten den Kompromiss und sprachen von sehr schwierigen Verhandlungen. IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine sagte, es sei ein „fairer Ausgleich“ gefunden worden. Auch für die Zukunft erhielten die Standorte und die Beschäftigten eine sichere Perspektive. VW-Unterhändler Josef-Fidelis Senn erklärte: „Der Abschluss vereint Beschäftigungssicherung mit der für uns absolut notwendigen Kostenentlastung.“ Mit dieser Vereinbarung sei eine Senkung der jährlichen Arbeitskosten um eine Milliarde Euro möglich. Langfristiges Ziel der Unternehmensleitung ist es, die Arbeitskosten bis 2011 um zwei Milliarden Euro – das entspricht 30 Prozent – zu senken. Die IG Metall hatte zwei Prozent mehr Lohn und eine Beschäftigungsgarantie gefordert.

Nach einer neuen Studie des Automobilforschers Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen werden in Deutschland keine neuen Jobs bei Autoherstellern und Zulieferern mehr entstehen. „Mit den Krisen um Opel und VW wird deutlich, dass am Standort Deutschland in der Zukunft nur sehr schwer Fahrzeuge unter 15.000 Euro Gewinn bringend produziert werden können“, heißt es dort. Nach der amtlichen EU-Statistik waren 2003 in Deutschland 869.900 Menschen in der Autoindustrie beschäftigt.

BEATE STRENGE