Werner Herzog digital

Dieses Wochenende startet mit „DokuZone“ das digitale Zeitalter in deutschen Kinos. Hinter der neuen Technik stecken allerdings auch ökonomische Interessen

Wer einmal eine Filmrolle geschleppt hat, weiß, dass Kinomachen auch Knochenarbeit ist. Die Projektion ist die gleiche wie vor 100 Jahren. Und weil ein digitales Medium noch lange nicht die Brillanz der guten alten 35mm-Kopie erreicht, wird es wohl noch eine Weile dabei bleiben. Es müssen also weiter Kopien gezogen werden, und kleine Verleiher sind gezwungen, ihre Filme in geringen Auflagen durch die Kinos wandern zu lassen.

Hier setzt das Projekt der „European DocuZone“ an. Da Dokumentarfilme ohnehin immer häufiger digital gedreht werden, spricht bei ihnen wenig gegen eine digitale Projektion. Bereits vor drei Jahren stattete ein Verleiher in den Niederlanden zehn Arthauskinos mit digitalen Projektoren aus. Nun ziehen 200 Kinos in acht europäischen Ländern nach. Sie wurden so umgerüstet, dass sie über Satellit, Kabel, Festplatte oder DVD digitale Impulse empfangen und auf die Leinwand projizieren können.

Ab März nächsten Jahres werden alle „European DocuZone“-Kinos mit den Satellitenschüsseln ausgestattet sein, doch schon an diesem Wochenende bietet das Netzwerk „Docuzone“ ein digitales Filmfestival an, das die gleichen acht Filme in 182 Kinos in Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Spanien, Portugal sowie dem New Yorker Theatre Row zeigt.

Die deutschen Kinos, die sich an dem Festival beteiligen, stammen aus Niedersachsen und Bremen, wo das „DocuZone“-Netzwerk von der Förderanstalt Nordmedia unterstützt wird. Der Theaterbetreiber der Bremer Schauburg, Manfred Brocki, bekommt zum Beispiel 20.000 Euro von der Nordmedia und 15.000 Euro aus europäischen Fördertöpfen; bleibt eine Eigenbeteiligung von 10.000. Dafür verpflichtete er sich wie die 108 anderen deutschen Vertragspartner von „DocuZone“, pro Jahr 26 von deren Filmen mindestens zweimal wöchentlich zu zeigen.

Die „DokuZone“ wird von der Verleihfirma „Salzgeber Medien“ betrieben, und diese Verbindung von Hard- und Software hat bereits für Unmut gesorgt. Das Bremer Kommunalkino „Kino 46“ etwa hat sich nicht an dem Projekt beteiligt, weil es sich die Programmauswahl nicht aus den Händen nehmen lassen wollte. Außerdem haben 18 unabhängige Verleihfirmen eine Resolution gegen „European DocuZone“ unterschrieben, weil sie eine Marktverzerrung fürchten.

Kommendes Wochenende wird man aber auch erleben können, welche Möglichkeiten ein multinationales Kinonetzwerk bietet. Acht Kinos in Deutschland machen bei diesem „Opening Weekend“ mit, außer der Schauburg in Bremen sind auch das Apollo Studio und das Kommunalkino in Hannover dabei. Zwischen Freitag und Sonntag werden acht Dokumentationen aus acht europäischen Ländern gezeigt, darunter Werner Herzogs neues Wahnsinnsprojekt The White Diamond, in dem er mit einem weißen Zeppelin über den Urwald von Guyana dahingleitet. Wilfried Hippen

Eröffnungsfilme: Fr, 18.15 Uhr, Schauburg Bremen: Die Kraft des Guten (OmU). Fr, 17.30 Uhr, Kommuales Kino Hannover: Die Kraft des Guten. Fr, 17 Uhr: Apollo Hannover: DANCE, GROZNY, DANCE