Eine hammerharte Story

Was Sie noch nie über Erektionen wissen wollten, aber dennoch in der Zeitung lesen müssen

Rafael Nando, Stürmer bei Hertha BSC, 20, trägt kein Unterhöschen. Der laut Bild-Zeitung „geilste Stürmer der Liga“ hat es auf die Titelseite der Bild-Zeitung gebracht, allerdings nicht, weil er für Hertha einen „Abpraller ins Schalke-Tor grätschte“, sondern weil er während des anschließenden Jubels eine deutlich sichtbare Erektion unter der kurzen Hose präsentierte – zumindest für diejenigen, die sie sehen wollten.

Eigentlich geböte es der Anstand, über eine solche oft unfreiwillig auftretende Körperfunktion stillschweigend hinwegzusehen. Aber der gebürtige Angolaner Nando ist schwarz und der Deutsche weiß – der Fürstin Gloria von Thurn und Taxis sei Dank: Der Afrikaner an sich schnakselt eben gerne. Und, auch dies gilt als gesichertes Volkswissen, ist zu diesem Zwecke vom lieben Gott überproportional ausgestattet worden.

Es ist leider nicht überliefert, ob sich bei Bild-Chefredakteur Kai Dieckmann eine „verräterische Wölbung“ in der Armani-Anzugshose abzeichnete, als er die total geile Überschrift „Tore machen geil“ textete. Vielleicht reagierte das Journalisten-Skrotum auch ganz anders auf die lustvoll-neidische Enthüllungsstory, in der Nando Rafael berichtet, wie „es“ beim Laufen zwischen den Beinen baumelt. Es gibt ja genügend Männer, bei denen „es“ nicht baumelt, sondern allerhöchstens leicht wippelt – die Angst des weißen Mannes vor der phallischen Potenz des schwarzen Artgenossen ist jedenfalls nicht totzukriegen. Die potenzielle Konkurrenz lächerlich zu machen scheint jedoch Entlastung zu bieten.

Jedenfalls ist es, Bild sei Dank, nun heraus: Tore können Erektionen hervorrufen. Da nun auch dieses Tabu aus dem Reich der Männer gebrochen ist, sei allen Fußballern in Zukunft das Tragen eines Suspensoriums (Genitalschutz) nahe gelegt. Zum einen entfallen dann die, zugegeben rührenden, Freistoß-Szenen, in denen gestandene Männer mit gefalteten Händen versuchen, ihre Scham zu schützen. Zum anderen lässt sich so die Gefahr reduzieren, am nächsten Tag zum Deppen der Nation gemacht zu werden. Ein Suspensorium schützt sowohl vor Bällen als auch vor neugierigen Blicken.

Um die männliche und zunehmend auch um die weibliche Erektion kreisen zahlreiche Mythen und Wertvorstellungen, Wünsche, Vorurteile und Geheimnisse. Normalerweise wird eine männliche Erektion jedoch nur zum Thema, wenn sie ausbleibt. Rund 20 Prozent aller Männer leiden unter Erektionsstörungen. Und wen hat sich Viagra-Hersteller Pfizer als Botschafter engagiert, um das Thema Impotenz zu enttabuisieren? Den brasilianischen Fußballer Pelé, Inbegriff von Lebensfreude und Spielkunst, ebenfalls schwarz. Er selbst behauptet übrigens von sich, nicht impotent zu sein – Viagra braucht er also angeblich gar nicht. Das war den Marketing-Strategen von Pfizer egal, denn es ging ihnen darum, eine Persönlichkeit zu engagieren, die in der Öffentlichkeit mit Potenz assoziiert wird.

Mal sehen, welche Werbeverträge demnächst Rafael Nando angedient werden. Fest steht: Sichtbare Erektionen dürfen aufgrund des Jugendschutzgesetzes nicht gezeigt werden. Die Hautfarbe des Verursachers spielt dabei keine Rolle. MARTIN REICHERT