Ein kleiner Bankdirektor widersetzt sich der Modernisierung: „Schotter wie Heu“ im Lichtmeß und im 3001
: „Einer hat Geld, der bringt es zur Bank. Der andere braucht welches und holt es sich ab“

Im nordöstlichen Baden-Württemberg, direkt an der Grenze zu Bayern, gibt es ein kleines Dorf, das es nicht erst durch Wiltrud Baiers und Sigrun Köhlers schönen Dokumentarfilm Schotter wie Heu zu einiger Berühmtheit gebracht hat: Gammesfeld, 530 Einwohner, ein EDEKA-Laden, ein Dorfkrug, eine freiwillige Feuerwehr, zwei Fußballfelder, ein Schotterwerk – vor allem aber: die kleinste Bank Deutschlands. Dieses von dem 70-jährigen Fritz Vogt als Ein-Mann-Unternehmen betriebene Geldinstitut ist ein Relikt aus einer längst vergangen geglaubten Zeit – auch wenn sein prinzipientreuer Direktor und seine nicht weniger rührigen Kunden sehr wohl wissen, was sie tun.

In der Bank gibt es weder ein Faxgerät noch elektronische Datenverarbeitung. „Ich sehe ein, dass man in der Raumfahrt einen Computer braucht. Aber was in einer Bank abgeht, ist dermaßen einfach: Einer hat Geld, der bringt es zur Bank. Der andere braucht welches und holt es sich ab“, sagt Vogt. Alle 230 Konten führt er per Hand; zum Rechnen wird eine Thales Rechenmaschine aus dem Jahr 1938 benutzt.

Und rechnen scheint er zu können, sein beharrlicher Verzicht auf moderne Bürotechnik und vergleichsweise günstige Konditionen (3,5 Prozent Zinsen aufs Sparbuch, 4,5 Prozent für Kredite) haben sich bislang nicht negativ auf die Bilanz ausgewirkt. Da wäre auch Reinhold Beckmann, in dessen Show Vogt zu Gast war, gern Kunde geworden, wozu er aber nach Gammesfeld hätte ziehen müssen.

Vogt weiß natürlich, dass die Tage seiner Raiffeisenbank gezählt sind, deren genossenschaflichem Ursprungsgedanken er wohl als Letzter treu ergeben ist. Um sie überhaupt bis jetzt zu betreiben, hat er – der das Vier-Augen-Prinzip, nach dem jede Bank zwei Geschäftsführer haben muss, natürlich nicht erfüllt – einiges durchgemacht: 1990 gewann er, als das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen ihm die Bankerlaubnis entzogen hatte, einen Prozess gegen die Bundesrepublik Deutschland. In den Jahren danach widersetzte er sich erfolgreich der allerorten grassierenden Fusionswelle.

Aber nicht nur den etwas anderen Banker, der nebenher noch ein wenig Landwirtschaft betreibt, porträtieren Baier und Köhler in ihrem dokumentarischen Heimatfilm aus einer längst nicht mehr heilen Idylle – „Hier gehen Ehen kaputt, dass es nur so pfeift“ – auf angenehm zurückhaltende Weise. Auch der schönste Junggeselle des Ortes, der „Flammenheld von Gammesfeld“, der die Filmemacherinnen mit den Besonderheiten des jährlichen Muswiesenfestes vertraut macht, bekommt seinen Auftritt, ebenso wie die tapfer auf einen Audi A3 sparende Verkäuferin. Eckhard Haschen

Do, 20 Uhr, Lichtmeß; Fr + Mo–Mi, 17 Uhr, 3001