Zeitsparend demonstrieren per Internet

Nach dem Vorbild moveon.org in den Vereinigten Staaten findet sich ab heute die erste deutsche Kampagnenplattform campact.de im Internet. Mit ihrer ersten Aktion fordern die Organisatoren einen Volksentscheid zur EU-Verfassung

BERLIN taz ■ Heute geht die erste deutsche Internet-Kampagnenplattform online. Unter www.campact.de lassen sich künftig Protestnoten oder Unterstützungs-Mails und Faxe an Politiker, Unternehmer oder Lobbygruppen verschicken. Auch Telefonaktionen sind geplant.

„Wir wollen Menschen einbinden, die sich engagieren wollen, aber zu wenig Zeit haben auf Demos zu gehen oder sich in Verbänden zu organisieren“, sagt Mitbegründer Christoph Bautz.

Mit dem Internetstart beginnt auch die erste Kampagne des Projekts . Zusammen mit dem Verein „Mehr Demokratie“ fordert campact.de einen Volksentscheid in Deutschland zur EU-Verfassung. Geplant ist unter anderem eine E-Mail-Aktion mit der Politiker wie SPD-Parteichef Franz Müntefering unterstützt werden sollen, die einen Volksentscheid befürworten. Außerdem sollen Protest-E-Mails gesammelt, ausgedruckt und anschließend als ein Zitateteppich an prominenter Stelle ausgebreitet werden.

Wunschort für diese Aktion ist der Platz vor CDU-Parteizentrale in Berlin. „Es ist wichtig bei einem solchen Projekt virtuellen und realen Raum miteinander zu verbinden“, sagt Bautz. Bilder vom Zitateteppich ließen sich schon wenig später im Internet herunterladen. Die Idee zum dem Konzept einer internetbasierten Kampagnenplattform stammt aus den USA. Seit 1998 kann man sich unter www.moveon.org an politischen Kampagnen innerhalb und außerhalb der USA beteiligen. Unter anderem starteten die Moveon-Organisatoren einen Aufruf gegen den Irakkrieg im Februar 2003. 400.000 Telefonanrufe und 100.000 Faxe gingen daraufhin im Capitol in Washington ein. „In den USA beteiligen sich bis zu 2,7 Millionen Menschen an dieser Plattform“, sagt Bautz. Darunter seien auch rund 67.000 Deutsche. „Wir kooperieren sehr eng mit Moveon.“ Um das Projekt schnell bekannt zu machen, hofft Bautz mit Hilfe der amerikanischen Kollegen zunächst diese 67.000 User auf seine Kampagnenseite zu lotsen.

„Wir müssen abwarten, wie erfolgreich das Projekt letztendlich wird“, sagt Bautz. „Es gibt bisher nur sehr wenig Internetangebote in diesem Sinne und auch entsprechend wenig Erfahrungen mit solchen Projekten in Deutschland.“ Genau dieser Mangel sei letztendlich entscheidend gewesen, die Plattform campact.de zu gründen. „Wir glauben, dass zahlreiche Menschen mit wenig Zeit und politischer Motivation unser Angebot annehmen werden“, sagt Bautz.

Sollte es so weit kommen, müsste das campact.de-Team Verstärkung suchen. Auch wenn sie von zahlreichen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, wie die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt, unterstützt werden: hauptamtlich arbeiten derzeit nur Bautz und sein Kollege Günther Metzges für das Projekt. Den Start von campact.de haben sich die beiden von privaten Spendern finanzieren lassen. Künftig soll sich das Projekt über Spenden und Mitgliedsgelder tragen. Dann soll die Grundidee auch weiter ausgebaut werden.

Schon jetzt ist campact.de mehr als nur eine Kampagnen-Plattform. Ein Redaktioneller Teil zur EU-Kampagne informiert über Volksentscheid und Pro und Contra einer EU-Verfassung. „Schließlich sollen sich die Leute informieren, bevor sie an einer Kampagne teilnehmen“, sagt Bautz. PHILIPP DUDEK