yassir, I can boogie von WIGLAF DROSTE
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Über die „Trauer um Yassir Arafat“ gab es allerlei zu erfahren dieser Tage. Einen Mann, der reichlich Millionen US-Dollar privat auf die Seite geschafft hat im Laufe seines Gauner-, Mörder- und Politikerlebens, den finden die Leute gut. Zwar sah Arafat so aus, dass ein Fass Margarine neben ihm staubig und vertrocknet gewirkt hätte, aber wenn einer prima lügen und „We shall make piss!“ heucheln kann, hat er seine feste Fangemeinde, zumal unter Palästinensern, Arabern und anderen Deutschen.

Eine Seife mit der Aura eines Schlagergrandprixexperten wurde unter großem Getöse provisorisch eingekellert. Seine beim Gebrüllbegräbnis durch die Gegend krakeelenden und schießenden Anhänger bewiesen noch einmal, dass die Verleihung des Friedensnobelpreises ausgerechnet an Arafat zu den größten diplomatischen Fehlern seit Chamberlains Appeasement-Politik gehörte. Wie armselig ist ein Leben, in dem „Yassir, I can boogie“ als Hoffnungshymne aufschimmert? Noch unappetitlicher als die fettige Terrortunte Arafat sind allerdings Deutsche, die sich den schwarz-weißen Palästinenserlappen vor den Hals binden. Oder sich für links halten, wenn sie, wie der Redakteur der Jungen Welt Rüdiger Göbel, Israel „unter Kuratel“ stellen wollen. Gar nicht so wenige Deutsche träumen davon, die Arbeit ihrer Großväter zu Ende zu machen.

Die Ermordung des niederländischen Regisseurs Theo van Gogh zog gleichfalls Billigbekenntnisse nach sich. Das Goldkettchen Feridun Zaimoglu nahm die Tat zum Anlass, seinen zahllosen Lautsprecherdurchsagen auch diese noch hinzuzufügen: „Ich bin gläubiger Muslim“, vermeldete er am 12. November treuherzig in der taz. Wen außer ihm geht das etwas an? Gläubisch sein ist Privatsache, kein Argument. Zaimoglu aber klagemauerte, „dass längst eine Grenze überschritten wurde, und zwar die des guten Geschmacks“. Geht es bei Mord um Geschmacksfragen? Und heißt Feridun Zaimoglu auf Deutsch Richard von Weizsäcker? Oder Rudis Reste Rampe?

Eine Zeitung, die Berufschristen als Redakteure beschäftigt, muss in Kauf nehmen, dass dann auch alles andere Glaubensgetrottel sich in ihr wiederfindet. Ipek Ipekcioglu, laut taz „eine der populärsten DJanes in Berlin“, verfügte ebendort: „Natürlich durfte Theo van Gogh den Islam kritisieren, aber er hätte es mit Respekt tun müssen.“ Genau – sonst muss er eben die Folgen tragen und ist quasi selber schuld. Wer definiert „Respekt“? Und wie wäre es mit einer Schweigepflicht für schlicht gestrickte Plattenaufleger?

Zum Glück gibt es die Zeichnerkönige Greser & Lenz – ihre aktualisierte Wanderausstellung ist bis Ende Dezember in Berlin zu sehen, am Kurfürstendamm 48/49. Wie wohltuend ist es, die Arbeiten zweier Männer zu betrachten, die politisch glasklar immer zugunsten des bestmöglichen Witzes Partei ergreifen. Meine derzeitige Lieblingszeichnung von Greser & Lenz heißt „Die gute Nachricht“ und zeigt Ussama Bin Laden beim Schreiben eines Befehlsbriefs: „… bitte ich euch, liebe Glaubenskämpfer, von Anschlägen in Deutschland abzusehen. Dieses Land ist schon kaputt.“ Eine Diagnose, die, siehe oben, nicht von der Hand zu weisen ist.